Nach Terror: mutmasslicher Attentäter weiter auf freiem Fuss

16.11.2015, 16:55 Uhr
· Online seit 16.11.2015, 06:47 Uhr
Dementi der Staastanwaltschaft: Abdeslam Salah soll weiterhin auf der Flucht sein. Der international gesuchte Salah wurde doch nicht gefasst. Frankreich treibt die Jagd nach den Drahtziehern der Pariser Anschlagserie.
Simon Riklin
Anzeige

Abdeslam Salah soll einer der Attentäter von Paris sein. Einer seiner Brüder gehörte zu den Selbstmordattentätern im «Bataclan». Ein zweiter war am Samstag in Belgien festgenommen worden, ist bereits aber wieder auf freiem Fuss. Abdeslam Salah, nach dem international gefahndet wird, wurde heute zunächst als gefasst gemeldet. Dies bestätigte die Staatsanwaltschaft gegenüber ARD. Klar ist, Salah hätte eigentlich schon dingfest gemacht werden können: Demnach stoppten Polizisten den 26-Jährigen Abdeslam Salah und zwei weitere Personen nur Stunden nach den Pariser Anschlägen nahe der belgischen Grenze in einem Auto, liessen sie aber schliesslich weiterfahren.

Desweiteren hat die Polizei offenbar einen der Drahtzieher der Anschläge identifiziert. Abdelhamid Abaaoud soll die Anschläge von Syrien aus koordiniert und finanziert haben. Das berichtet rtl.fr. Die bisher identifizierten Terroristen waren allesamt mit dem 27-Jährigen befreundet.

Nach Terror-Verdächtigen wird offenbar in Calais, Toulouse, Grenoble und im Pariser Vorort Bobigny gesucht. Laut dem französischen TV-Sender «ITélé» wurden bei Razzien in Toulouse drei Personen festgenommen. Schon früher in der Nacht sollen im Raum Paris bei einer Polizei-Aktion mehrere Wohnungen durchsucht worden sein.

Bei Durchsuchungen in Lyon sind ein Raketenwerfer und andere Waffen gefunden worden. Zudem seien mittlerweile fünf Verdächtige festgenommen worden, heisst es aus Ermittlerkreisen. Insgesamt habe es mehr als 150 Durchsuchungen in Frankreich gegeben, sagte Ministerpräsident Manuel Valls im Radiosender RTL.

Weiterer Attentäter identifiziert

Der vierte Attentäter vom Bataclan sollt identifiziert worden sein. Dies berichtet der französische Sender BFMTV. Es handle sich um einen Mann mit dem Namen Samy. Er soll 1987 in Paris geboren worden sein. Seine Familie lebe im Ort Bobingy (im Norden der Stadt Paris). Dort fanden in der Nacht unter anderem Razzien statt. 

Kampf gegen Terror verschärft

Die Regionalzeitung «La Dépêche du Midi» berichtete zudem über einen Grosseinsatz von Spezialeinheiten gegen Islamistenkreise in Toulouse. Laut AFP hängt die Operation nicht nur mit den Ereignissen in Paris, sondern mit dem allgemeinen Anti-Terror-Kampf zusammen: Mindestens drei Personen seien festgenommen und einer Waffe beschlagnahmt worden, hiess es aus Kreisen der Staatsanwaltschaft.

Die Zeitung «Le Dauphiné Libéré» berichtete zudem über eine nächtliche Durchsuchung von 15 Objekten im Grossraum Grenoble. Bei den Pariser Anschlägen starben sieben Attentäter - doch befürchtet wird, dass gleich mehrere Komplizen abgetaucht sein könnten. Besonders im Fokus stehen dabei drei Brüder, von denen einer zu den Selbstmordattentätern im «Bataclan» gehörte, ein zweiter am Samstag in Belgien festgenommen wurde und ein dritter am Sonntag zur internationalen Fahndung ausgeschrieben wurde. Letzterer könnte Medienberichten zufolge schon längst hinter Gittern sitzen: Demnach stoppten Polizisten den 26-Jährigen Abdeslam Salah und zwei weitere Personen nur Stunden nach den Pariser Anschlägen nahe der belgischen Grenze in einem Auto, liessen sie aber schliesslich weiterfahren. Die Staatsanwaltschaft bestätigt die Verhaftung von Abdeslam Salah. Er soll einer der Attentäter von Paris sein.

Sarkozy fordert härteres Vorgehen

Derweil fordert Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy nach den Terroranschlägen ein schärferes Vorgehen gegen Extremisten. Konkret sollen Leute, die mit dem radikalen Islam in Verbindung gebracht werden, in Fussfesseln gelegt und unter Hausarrest gestellt werden. «Wir müssen unsere Politik der Inneren Sicherheit drastisch verschärfen», sagte der Parteichef der oppositionellen Republikaner am Sonntag im Sender TF1. Eine Überwachung mit elektronischen Fussfesseln verlangt er für Personen, die wegen ihrer Radikalisierung in die sogenannte Kartei S des Inlandgeheimdienstes aufgenommen wurden. In der Kartei S seien derzeit 11'500 Menschen aufgelistet, führte Sarkozy aus.

Schweigeminute um 12.00 Uhr

Ganz Europa stand heute um 12.00 Uhr still. Auch bei der französischen Zeitung «Le Figaro» ist den Opfern während einer Schweigeminute gedacht worden.  Nach der Schweigeminute ertönte auf der Place de la République in Paris die Marseillaise.

 


Frankreichs Präsident François Hollande hat in der Pariser Sorbonne-Universität an der Schweigeminute teilgenommen, bevor er sich am Nachmittag vor dem französischen Kongress äussert. Die beiden Parlamentskammern, Nationalversammlung und Senats, treten in Versailles zu einer gemeinsamen Tagung zusammen, was sonst nur höchst selten geschieht.

Ausnahmezustand verlängert

Hollande sprach von einem «Kriegsakt» des IS und will den verhängten Ausnahmezustand, der Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und die Einrichtung von Sicherheitszonen erlaubt, auf mindestens drei Monate verlängern.

Innenministers Bernard Cazeneuve sagte dem Sender France 2, er wolle Moscheen schliessen, in denen radikales Gedankengut verbreitet werde, und «Hass predigende» Imame des Landes verweisen.

veröffentlicht: 16. November 2015 06:47
aktualisiert: 16. November 2015 16:55
Quelle: sda/red

Anzeige
Anzeige