Populistische Babis-Partei gewinnt Regionalwahlen in Tschechien
«Das gibt mir einen Schuss Energie, weiter in der Politik zu kämpfen», sagte Babis. Kritiker werfen dem Multimilliardär vor, als Unternehmer selbst von staatlichen Fördergeldern zu profitieren. Kurz vor der Wahl war der 66-Jährige noch wegen seines Corona-Krisenmanagements unter Druck geraten. Tschechien verzeichnete mit 3793 Fällen am Freitag einen Rekord bei den täglichen Corona-Neuinfektionen. Mehr als 700 Menschen starben bisher. Am Montag tritt in dem EU-Land der nationale Notstand in Kraft.
Nach den Wahlen zeichnete sich ab, dass dem Sieger ANO in zahlreichen Regionen schwere Koalitionsverhandlungen drohen. Alle seien gegen Babis, beklagte sich der ANO-Gründer in einer ersten Reaktion. Stärkste Oppositionspartei wurden mit zwölf Prozent der Stimmen überraschend die tschechischen Piraten. Die mitregierenden Sozialdemokraten (CSSD) stürzten auf rund fünf Prozent der Stimmen ab. Parteichef Jan Hamacek lehnte indes einen Rücktritt ab. Die Wahlbeteiligung lag nur bei knapp 38 Prozent, ähnlich niedrig wie 2016.
Stärkste Kraft wurde die ANO auch in der Aussiger Region (Ustecky kraj) an der Grenze zu Sachsen. Der als beliebt geltende kommunistische Regionspräsident Oldrich Bubenicek war nicht mehr angetreten. Wer die Spitzenposition in den Grenzregionen innehat, hat nach Einschätzung des Soziologen Jan Herzmann grossen Einfluss auf die Kooperation mit Deutschland: «Dort, wo die Regionalregierung diese Zusammenarbeit unterstützt, sind die Beziehungen intensiver – da könnte man noch vieles tun.»
Zugleich wurde am Freitag und Samstag in einem Drittel der 81 Wahlbezirke zum Senat, dem Oberhaus des Parlaments, gewählt. Nur einer der Bewerber erhielt direkt die absolute Mehrheit. Mehrere konservative Oppositionsparteien ziehen zusammengerechnet mit den meisten Kandidaten in die zweite Runde ein. Die Opposition hat auch derzeit schon die klare Mehrheit in der zweiten Kammer. Die Stichwahl findet in einer Woche statt. Der Senat hat ein Mitspracherecht bei der Gesetzgebung und kann Verfassungsänderungen verhindern.