Deutschland

SPD liegt leicht vorne – Scholz und Laschet beanspruchen Kanzleramt

27.09.2021, 05:53 Uhr
· Online seit 26.09.2021, 18:27 Uhr
Bei der deutschen Bundestagswahl liefern sich CDU/CSU und SPD das erwartete Kopf-an-Kopf-Rennen. Nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF liegt die SPD leicht vor der Union. Dahinter folgen Grüne und FDP. Der Linken droht ein Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde.
Anzeige

ARD/ZDF-Hochrechnung von 21.15 Uhr: Union 24,5 Prozent, SPD 25,7 Prozent,  Grüne 14,3 Prozent, FDP 11,5 Prozent,  AfD 10,5 Prozent, Linke 4,3 Prozent, andere 8,5 Prozent.

Bereits die ersten Hochrechnungen am frühen Sonntagabend haben gezeigt, dass es ein knappes Rennen zwischen den beiden grössten Parteien, der SPD und der Union wird. Die Grüne liegt abgeschlagen auf dem dritten Platz. Die Wahlbeteiligung liegt bei 72 Prozent.

Scholz zeigt sich siegesbewusst

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat sich hocherfreut über das Abschneiden seiner Partei bei der deutschen Bundestagswahl geäussert. «Natürlich freue ich mich über das Wahlergebnis», sagte Scholz am Sonntagabend in Berlin. «Das ist ein grosser Erfolg.»

Viele Wählerinnen und Wähler hätten deutlich gemacht, dass sie einen «Wechsel in der Regierung» wollten und dass der nächste Kanzler Olaf Scholz heissen solle.

Armin Laschet äussert sich zum Wahldebakel

«Mit dem Ergebnis können wir nicht zufrieden sein» – so äussert sich der Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet, zum Debakel der CDU an diesem Wahltag. Dabei betont er jedoch, dass noch nicht klar sei, wer nun den Regierungsauftrag erhalten habe von den Wählerinnen und Wähler, dafür sei das Rennen zu knapp.

 FDP-Chef Lindner sieht seine Partei gestärkt

«Wir sind zum ersten Mal in unserer Geschichte bei zwei aufeinanderfolgenden Wahlen zweistellig.» Lindner weiter: «Wir sind jetzt sehr eigenständig zweistellig etabliert. Und diese Eigenständigkeit bringen wir natürlich auch in eine Regierungsbildung der Mitte ein.»

Zu möglichen Gesprächen nach der Wahl sagte der FDP-Chef: «Die inhaltliche Nähe zwischen Union und FDP ist die grösste. Wie jetzt aber Gespräche organisiert werden, das kann man zur Stunde nicht sagen. Und da, glaube ich, ist auch noch die Beratung der Gremien morgen wichtig, wer mit wem in welchem Format zuerst spricht.»

Grüne erreichen fast 15 Prozent

Die deutsche Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat das mutmassliche Abschneiden ihrer Partei als das «historische beste Ergebnis» gelobt. Nach Hochrechnungen vom frühen Sonntagabend können die Grünen mit fast 15 Prozent der Stimmen rechnen. «Wir sind erstmals angetreten, um als führende Kraft dieses Land zu gestalten», sagte Baerbock bei der Wahlparty ihrer Partei in Berlin. «Wir wollten mehr», räumte sie ein. Das habe nicht geklappt, auch aufgrund eigener Fehler – ihrer Fehler, wie sie präzisierte.

Laschet und Scholz wollen ins Kanzleramt 

Wie sein SPD-Rivale Olaf Scholz hat auch Laschet erklärt, Kanzler werden und eine Regierung bilden zu wollen. Es zeichnet sich eine komplizierte Regierungsbildung ab. Einzig denkbares Zweierbündnis wäre eine neue grosse Koalition, die aber weder SPD noch Union wollen. Deshalb dürfte es voraussichtlich zum ersten Mal seit den 50er Jahren ein Dreierbündnis im Bund geben. Rechnerisch sind mehrere Konstellationen möglich.

Scholz' Ampel-Koalition wird möglich

Nach diesen Prognosen könnte Scholz mit einer «Ampel»-Koalition aus SPD, Grünen und FDP regieren. Ob es zu einem rot-grün-roten Linksbündnis mit Grünen und Linkspartei reichte, war zunächst unsicher.

Laschet könnte seinerseits versuchen, eine «Jamaika-Koalition» (Schwarz-Gelb-Grün) mit FDP und Grünen zu bilden, die es auf Bundesebene in Deutschland bisher noch nicht gegeben hat.

Die Prognosen basieren auf Befragungen von Wählern nach der Stimmabgabe. Die hohe Zahl der Briefwahlstimmen wurde nicht berücksichtigt. Mit ersten Hochrechnungen, die auf bereits ausgezählten Stimmen basieren, wird in Kürze gerechnet. Das vorläufige amtliche Endergebnis wird nach Mitternacht erwartet.

Christdemokraten und Liberale gegen Steuererhöhungen

SPD, Grüne und Linke wollen die Einkommenssteuern für Spitzenverdiener erhöhen, die Vermögenssteuer in Deutschland wieder einführen und den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit 9,60 pro Stunde auf 12 Euro beziehungsweise 13 Euro (Linke) erhöhen.

Christdemokraten und Liberale lehnen Steuererhöhungen ab und wollen weiterhin eine Tarifkommission über den Mindestlohn entscheiden lassen. Die Linke fordert auch eine Auflösung der Nato und den Verzicht auf Auslandseinsätze der Bundeswehr, will eine Koalition mit SPD und Grünen daran aber nicht scheitern lassen.

Die AfD kommt für keine der übrigen im Bundestag vertretenen Parteien als Koalitionspartner in Frage. Ihre Präsenz im Parlament erschwert aber die Mehrheitsbildung. Die AfD fordert unter anderem eine strenge Begrenzung der Zuwanderung sowie den Austritt Deutschlands aus der EU und aus dem «Euro-System».

Bundestag hat 30 Tage Zeit zur Bildung der Regierung

Der neue Bundestag muss sich binnen 30 Tagen konstituieren. Er wählt auch den neuen Bundeskanzler. Die Kanzlerwahl kann aber erst nach Abschluss von Koalitionsverhandlungen stattfinden. So lange bleibt Merkel geschäftsführend im Amt. Die 67-Jährige regiert Deutschland seit November 2005. Sie hatte schon Ende 2018 erklärt, bei dieser Wahl nicht mehr kandidieren und sich danach aus der aktiven Politik zurückziehen zu wollen.

In Deutschland wird der Kandidat der stärksten Partei nicht automatisch Bundeskanzler. Nötig ist, dass der Bewerber die sogenannte «Kanzlermehrheit», also die Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, hinter sich bekommt. Bisher wurde Deutschland von einer schwarz-roten Koalition aus CDU/CSU und SPD regiert.

Zeitgleich mit der Bundestagswahl wurden am Sonntag in den Bundesländern Berlin und Mecklenburg-Vorpommern neue Regionalparlamente gewählt. In beiden Ländern lagen die Sozialdemokraten in den Umfragen vor der Wahl vorne.

veröffentlicht: 26. September 2021 18:27
aktualisiert: 27. September 2021 05:53
Quelle: sda

Anzeige
Anzeige