Ukraine

Tausende Menschen sind nach Staudamm-Zerstörung in Not

· Online seit 09.06.2023, 17:13 Uhr
Nach der Zerstörung des Kachowka-Damms im Süden der Ukraine bleibt die Lage für Tausende im überschwemmten Teil des Kriegsgebiets Cherson bedrohlich.
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Die Vereinten Nationen sprachen am Freitag von mindestens 17 000 Menschen, die vom Dammbruch betroffen sind - es könnten auch bis zu 40 000 sein, hiess es in Genf.

In dem von der Ukraine kontrollierten Teil des Gebiets Cherson teilte Militärgouverneur Olexander Prokudin mit, 32 Ortschaften und mehr als 3600 Häuser stünden unter Wasser. Mehr als 2000 Menschen und Hunderte Tiere seien in Sicherheit gebracht worden. Prokudin rief die Menschen auf, ihre überschwemmten Häuser zu verlassen.

Dem Gouverneur zufolge sank das Hochwasser um 20 Zentimeter im Vergleich zum Vortag. Der Pegel zeigte am Freitag demnach 5,38 Meter an. Bei neuen Angriffen attackierte Russland die Ukraine unter anderem mit Marschflugkörpern.

UN: Frage nach Kriegsverbrechen bei Dammzerstörung verfrüht

Das UN-Menschenrechtsbüro kann noch nicht beurteilen, ob die Zerstörung des Staudamms ein Kriegsverbrechen ist. «Da die Umstände des Vorfalls nach wie vor unklar sind, ist es verfrüht, die Frage zu prüfen, ob ein Kriegsverbrechen begangen worden sein könnte», sagte Jeremy Laurence in Genf.

«Wir bekräftigen unsere Forderung nach einer unabhängigen, unparteiischen, gründlichen und transparenten Untersuchung.» Laut Lawrence sind Anträge, die ukrainischen Gebiete unter russischer Besatzung aufzusuchen, bislang abgelehnt worden.

Tonaufnahme veröffentlicht

Die Ukraine beschuldigt russische Truppen, das Wasserkraftwerk vermint und dann in die Luft gesprengt zu haben. Der ukrainische Geheimdienst SBU veröffentlichte am Freitag eine Tonaufnahme eines Gesprächs, in dem ein russischer Soldat die Tat zugeben soll. Zu hören ist ein Mann, der sagt, eine russische Sabotagegruppe sei verantwortlich für den Anschlag.

Ob die Aufnahme echt ist, war von unabhängiger Seite nicht überprüfbar. Dagegen behauptet Russland, der Staudamm sei durch ukrainischen Beschuss zerstört worden.

Militäranalyst: Dammbruch ändert militärischen Kriegsverlauf kaum

Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms dürfte nach Einschätzung eines Militäranalysten wenig unmittelbaren Einfluss auf den militärischen Verlauf des Kriegs haben. Der Staudamm liegt am Fluss Dnipro, der in der Region im Süden der Ukraine die Frontlinie im Gebiet Cherson bildet.

«Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Ukraine eine Überquerung des Dnipro als gewichtige Offensivachse vorgesehen hatte», sagte Niklas Masuhr, Forscher am Center for Security Studies der Universität ETH in Zürich, der Deutschen Presse-Agentur. Dies hänge mit den hohen Risiken einer solchen Überquerungsoperation gegen vorbereitete russische Kräfte zusammen. «Im engeren militärischen Sinne ist also nicht offensichtlich, wie der Dammbruch den Krieg kurzfristig in die eine oder andere Richtung schieben könnte.»

Staumauer reisst weiter auf

Nach der Zerstörung des Damms sinkt der Wasserstand im Stausee weiter. Seit der Katastrophe am Dienstag sei der Stand um fast fünf Meter auf 11,7 Meter Stand Freitagmorgen gefallen, teilte der staatliche Wasserkraftwerksbetreiber Ukrhydroenergo in Kiew am Freitag mit. Das Wasser sinke um etwa einen Meter innerhalb von 24 Stunden.

Das Staatsunternehmen wies auch darauf hin, dass die bisher nicht komplett eingestürzte Staumauer weiter berste. Ziel sei es nun, in den oberhalb der Kachowka-Station gelegenen Stauseen das Wasser des Dnipro zu stauen, um Reserven für den Sommer zu haben.

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(red./SDA/DPA)

veröffentlicht: 9. Juni 2023 17:13
aktualisiert: 9. Juni 2023 17:13
Quelle: sda

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