Ostschweizerin in New York

«Viele haben Angst vor einem Bürgerkrieg»

02.11.2020, 19:10 Uhr
· Online seit 02.11.2020, 18:18 Uhr
Die Angst vor Gewaltausbrüchen nach der US-Präsidentschaftswahl ist derzeit gross. Einige befürchten einen Bürgerkrieg. Die Toggenburgerin Sue Ariza wanderte vor einem Jahr nach New York aus. Auch sie spürt die Unsicherheit und tiefe Kluft zwischen den Biden- und Trump-Befürwortern.
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«Die Intensität ist sehr hoch. Es ist alles etwas unsicher.» Sue Ariza wohnt in New York City. Vor einem Jahr wanderte die Toggenburgerin in die Grossstadt aus und erlebt den Wahlkampf hautnah. Sie selbst hat ihre Stimme bereits vor einer Woche abgegeben. Das ist in einigen Staaten erlaubt, in anderen nicht. «Ich musste eine Stunde anstehen. Ich bin gespannt, wie der Ansturm am Wahltag sein wird. Ich habe gehört, dass die Leute in Brooklyn teilweise sechs Stunden vor den Wahllokalen warteten.»

«Wahl für das kleinere Übel»

Die Angst vor dem Coronavirus sorge aber auch dafür, dass dieses Jahr sehr viele US-Bürger brieflich abstimmen. Aufgrund der speziellen Lage konnten die US-Bürger ein «Absentee ballot» beantragen – eine Ausnahmegenehmigung, die den Bürgern erlaubt, von zuhause aus und nicht im Wahllokal abzustimmen. «Ich kenne sehr viele Menschen, inklusive mir, die ein Absentee ballot beantragt haben, die Unterlagen dazu aber nie erhielten.» Sue befürchtet, dass dies viele Menschen daran hindern könnte, überhaupt ihre Stimme abzugeben.

«Ausserdem müssen wir zwischen zwei Leuten entscheiden, die beide nicht ideal sind», sagt Sue. Viele Jüngere in Sues Umfeld wählen Biden, weil er für sie das kleinere Übel darstellt: «Viele hoffen, dass Trump nicht gewählt wird. Es geht mehr um das Prinzip: Für die Demokratie ist Trump viel schlimmer als Biden.»

«Die Stimmung ist am Anschlag»

Die Stimmung in New York sei allgemein sehr angespannt. «In meinem Umfeld sind viele sehr ängstlich. Einige befürchten, dass es einen Bürgerkrieg geben wird.» Sowohl unter den Trump-Anhängern, als auch den Trump-Gegnern sei das Gewaltpotential derzeit sehr hoch. «In den sozialen Medien gibt es immer wieder Ratschläge, wie man sich auf etwas anderes konzentrieren kann, als auf die Wahl. Zum Beispiel Meditation. Die Menschen versuchen einen Weg zu finden, sich zu beruhigen. Die Stimmung ist am Anschlag.»

Belastend zur Angst hinzu komme die Unsicherheit über den Zeitpunkt der Verkündung der Ergebnisse. Da sehr viele Menschen brieflich abstimmen, verzögert sich das Auszählen der Stimmen. «Es kann mehrere Tage dauern, bis wir das Resultat haben», so Sue. Diese Unsicherheit könne wiederum dazu führen, dass die Stimmung kippt und es gewaltsame Proteste gibt.

(abl)

veröffentlicht: 2. November 2020 18:18
aktualisiert: 2. November 2020 19:10
Quelle: FM1Today

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