Russlands Krieg

Was Wagner-Boss Prigoschin zum Clinch mit dem Kreml treibt

12.05.2023, 19:45 Uhr
· Online seit 12.05.2023, 19:37 Uhr
Er warnt, er wettert, er droht – Jewgeni Prigoschin, der Chef der brutalen russischen Söldnertruppe Wagner, ist in den letzten Wochen mit kritischen Äusserungen zum Krieg in der Ukraine aufgefallen. Warum tut der Mann das?
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Inmitten von gefallenen Wagner-Kämpfern stand Prigoschin am vergangenen 4. Mai und erhob schwere Vorwürfe gegen die russische Militärführung. Er behauptete, man würde seinen Söldnern in Bachmut, der umkämpften Stadt in der Ostukraine, Munition vorenthalten. Später drohte er sogar, dass Wagner sich zurückziehen würde, wenn er keinen Nachschub bekäme.

Niemand hat das Sagen

Prigoschins Wutausbruch ist symptomatisch für das Problem, dass Russland für den Krieg in der Ukraine keine klare Kommandostruktur geschaffen hat, wie der «Economist» schreibt. Sowohl der Posten des Oberkommandierenden für den Krieg gegen die Ukraine als auch andere wichtige Funktionen würden ständig mit neuen Personen besetzt.

Das Generäle-Karussell hat nicht nur die Wirksamkeit des Kreml-Militärs in der Ukraine beeinträchtigt, es hat auch zur Bildung von Splittergruppen innerhalb des russischen Militärapparats beigetragen. Die Präsenz mehrerer russischer Söldnergruppen vor Ort verkompliziert das Bild zusätzlich. Wagner ist die bekannteste von ihnen.

Prigoschin verspricht zu viel 

Das wechselhafte Schicksal des Wagner-Chefs spiegelt den Verlauf des Krieges wider. Als die russische Invasion im letzten Jahr ins Stocken geriet, begann sein Stern zu steigen. Im Sommer 2022 häuften sich die russischen Verluste, und der Kreml brauchte Truppen. Eine Gelegenheit für Jewgeni Prigoschin, seine Nützlichkeit unter Beweis zu stellen.

Die erfolgreichen Offensiven der Ukraine im Spätsommer und Herbst 2022 in den Provinzen Charkiw und Cherson führte zu noch mehr Streit innerhalb Russlands. Die Zusammenarbeit zwischen der Armee und Wagner intensivierte sich. Prigoschin-Männer übernahmen die Führung in der Schlacht um Bachmut. Der Söldner-Boss soll dem Kreml versprochen haben, den ersten russischen Sieg seit Monaten zu erringen.

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Doch der Angriff auf die Stadt führte nicht zum Erfolg. Zuletzt sah es sogar danach aus, dass die Ukraine die russischen Truppen zurückdrängen könnte. Der zuvor siegessichere Prigoschin kam unter Druck. In die Enge getrieben begann er zu behaupten, die Militärführung in Moskau würde den Wagner-Kämpfern Waffen vorenthalten. Tatsächlich, vermuten westliche Militäranalysten laut Economist, würden die russischen Generäle wohl Munition sparen, um sich auf einen ukrainischen Gegenangriff vorzubereiten.

Putin braucht Prigoschin

Wagner und Jewgeni Prigoschin bleiben für Russland trotz aller Differenzen wichtig. Ukrainische Militärs sagen, dass die Einheiten der Söldnertruppe zu den effektivsten des Kremls gehörten, nicht zuletzt wegen ihrer Bereitschaft, die eigenen Männer zu opfern.

Doch die Aussichten für Prigoschin sind unsicher – und genau deshalb legt er sich wohl immer wieder mit der eigenen Armeeführung an. Die russische Offensive des vergangenen Winters erwies sich als Rohrkrepierer. Analysten vermuten, dass Präsident Putin die Verantwortung für den Feldzug zwischen rivalisierenden Fraktionen in seinem Militär aufteilt. Dadurch komme der Wagner-Chef weiter unter Druck – und reagiere entsprechend lautstark.

(osc)

veröffentlicht: 12. Mai 2023 19:37
aktualisiert: 12. Mai 2023 19:45
Quelle: Today-Zentralredaktion

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