Weiter höchste Terrorwarnstufe in Brüssel

23.11.2015, 21:46 Uhr
· Online seit 23.11.2015, 19:58 Uhr
Unter dem Druck drohender Terroranschläge blieb am Montag das öffentliche Leben in Belgiens Hauptstadt weitgehend gelähmt. Die höchste Warnstufe für Brüssel wurde am Abend erneut verlängert.
David Scarano
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Die Suche der Ermittler nach dem Terrorverdächtigen Salah Abdeslam, Bruder eines der Selbstmordattentäter von Paris, blieb zunächst weiter ohne Erfolg.

Die maximale Warnstufe in Brüssel soll bis Montag nächster Woche gelten, allerdings sollen Schulen und die U-Bahn bereits von Mittwoch an wieder öffnen, teilte Premierminister Charles Michel nach einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates mit.

«Die Situation bleibt unverändert», sagte Michel. Es bestehe immer noch eine «ernste und unmittelbare Bedrohung». Die Warnstufe gilt seit Samstagmorgen, weil die belgischen Behörden einen dschihadistischen Terroranschlag wie in Paris befürchten.

Den dritten Tag in Folge war die U-Bahn in Brüssel am Montag komplett geschlossen, es fuhren nur Busse und Strassenbahnen. Schulen, Universitäten, Schwimmbäder und Kinderkrippen waren geschlossen.

Viele Einkaufszentren, grosse Geschäfte, Supermärkte, Banken und grosse Versicherungen blieben zu. Märkte und Sportereignisse waren abgesagt. Viele Unternehmen empfahlen ihren Mitarbeitern, von zu Hause zu arbeiten. Die Brüsseler EU-Institutionen waren geöffnet, allerdings galten verschärfte Sicherheitsvorkehrungen und Personenkontrollen.

Ein konkreter Verdacht

Bei Polizeieinsätzen in Brüssel wurden am Sonntagabend und am Montag mehrere Verdächtige festgenommen. Gegen einen von ihnen wurde ein Haftbefehl erlassen, wie die Staatsanwaltschaft am Montagabend in Brüssel mitteilte. Er soll eine Rolle bei den Anschlägen von Paris gespielt haben. Weitere Festgenommene kamen wieder auf freien Fuss.

Der Hauptverdächtige Salah Abdeslam aber wurde bisher nicht gefasst. Er soll an den Anschlägen in Paris am 13. November mit 130 Toten und Hunderten Verletzten beteiligt gewesen sein. «Die Operation ist noch nicht beendet, sie muss weitergehen», sagte der belgische Innenminister Jan Jambon dem Sender VRT. Auf die Frage, wie der Gesuchte immer wieder entkommen könne, sagte er: «Er muss sehr viel Unterstützung auf unserem Gebiet haben.»

Hollande und Cameron vor dem «Bataclan»

In Frankreich gedachten Präsident François Hollande und der britische Premier David Cameron vor dem Konzertsaal «Bataclan» in Paris der Opfer der Terrorserie. Das Treffen war für Hollande der Auftakt zu einer Woche intensiver diplomatischer Bemühungen.

Der Staatschef will eine breite internationale Koalition gegen die IS-Terrormiliz schmieden. Dazu besucht Hollande am (morgigen) Dienstag auch US-Präsident Barack Obama und am Donnerstag den russischen Staatschef Wladimir Putin.

Cameron sagte Frankreich Unterstützung zu. Die französische Luftwaffe könne den britischen Stützpunkt Akrotiri auf Zypern nutzen. Er machte sich zudem erneut für eine Beteiligung seines Landes an den Luftangriffen auf Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien stark.

Im Laufe der Woche werde er dem Parlament in London eine umfassende Strategie für einen Sieg über die Islamisten vorlegen, sagte Cameron. Die britischen Abgeordneten haben sich bislang skeptisch gezeigt, Luftangriffe gegen den IS auch in Syrien zu erlauben. Im Irak greifen die Briten als Teil der von den USA angeführten Allianz die Dschihadisten aus der Luft an.

Die französischen Streitkräfte flogen am Montag im Kampf gegen den IS wieder Lufteinsätze vom Flugzeugträger «Charles de Gaulle» aus. Das Schiff war ins östliche Mittelmeer geschickt worden, um von dort aus den Kampf gegen den IS in Syrien und im Irak zu unterstützen.

Iran verspricht Hilfe im Kampf gegen IS

Auch der oberste iranische Führer Ali Chamenei hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin die uneingeschränkte Solidarität seines Landes beim Kampfeinsatz in Syrien gegen den IS versprochen. «Der Iran steht hinter der konstruktiven Politik Russlands in Syrien», sagte der Ajatollah bei einem Treffen mit Putin am Montag in Teheran. Wenn die Terroristen jetzt in Syrien nicht gestoppt würden, dann würden sie sehr bald zu einer globalen Gefahr für alle, warnte Chamenei.

Er teile mit Putin den Standpunkt, dass die politische Zukunft Syriens nicht von aussen, sondern vom syrischen Volk selbst bestimmt werden müsse, sagte Chamenei. «Mit Ihrer Syrienpolitik haben Sie für ihr Land und für sich selbst sehr viel Kredit in der Region gewonnen», sagte der Geistliche, der nach der iranischen Verfassung das letzte Wort in allen strategischen Belangen hat.

veröffentlicht: 23. November 2015 19:58
aktualisiert: 23. November 2015 21:46
Quelle: SDA

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