Wie «grusig» ist die OASG-Sitter-Badi?

11.07.2019, 11:27 Uhr
· Online seit 10.07.2019, 05:08 Uhr
Ein kühles Bad in der Sitter während des OpenAir St.Gallen: Für viele war es bei den heissen Temperaturen dieses Jahr ein Highlight. Doch wie hygienisch ist die Sitter am OASG-Samstag, wenn alle ihren Schweiss, Dreck und Urin zurücklassen? Eine Wasserprobe klärt auf.
Fabienne Engbers
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Erst einmal können wir Entwarnung geben für alle, die sich jetzt vor irgendwelchen Krankheiten fürchten: Das Wasser in der Sitter ist auch während des OpenAir St.Gallen nicht gesundheitsgefährdend. Trotzdem weist es am Ende des Sittertobels deutlich mehr Keime auf, als vor dem Gelände.

Erhöhte Messwerte bei den Fäkalkeimen

Die Firma Bamos AG in Bazenheid hat die Wasserproben, die wir am frühen Samstagabend genommen haben, ausgewertet. Man sieht bei allen Keimarten einen Unterschied zwischen der Probe, die beim Helfereingang vor dem Festivalgelände, und der Probe, die kurz vor der Sitterbühne am Ende des Geländes, genommen wurde.

Der grösste Unterschied zeigt sich bei den Kolibakterien (Fäkalkeime), sie sind um mehr als das Zehnfache angestiegen. Auch bei den Aeroben mesophilen Keimen, also der Gesamtkeimzahl, und den Enterokokken (Fäkalkeime), ist das Bakterienvorkommen am Ende des Festivalgeländes höher als davor.

«Bei den Kolibakterien und den Enterokokken wurden zu Beginn des Geländes sehr gute Werte gemessen, nach dem Gelände sind die Werte zwar angestiegen, ich bin aber überrascht von der guten Wasserqualität», sagt Hanspeter Gsell, Laborleiter bei der Bamos AG. Auch wenn die Werte bei der Sitterbühne höher waren als jene beim Helfereingang, im kritischen Bereich der Badewasservorschriften befinden sie sich nicht. In beiden Proben nicht nachgewiesen wurden Salmonellen. «Ich würde also ohne Probleme für ein kühles Bad in die Sitter springen.»

Badewasserqualität von «ausgezeichnet» zu «gut»

Ordnet man die Ergebnisse in den nationalen Messrahmen des Bundesamtes für Umwelt ein, ist die Qualität des Sitterwassers beim Durchfliessen des Geländes um eine Qualitätsklasse gesunken. Oben am Gelände liegt die Probe in den Rahmenbedingungen der A-Qualität, die bestmögliche Qualität für Badewasser, am Ende des Geländes wurde eine B-Probe gemessen. «Fäkalbakterien können am Körper haften. Bei einem Bad in der Sitter spült es diese ab und so wird die Badewasserqualität beeinflusst», sagt Hanspeter Gsell.

Auch für die Kühltruhe ist das Flusswasser okay

Solange man also nur in der Sitter badet, ist auch ein Schwumm am unteren Ende des Geländes nicht gesundheitsgefährdend. Trinken sollte man das Sitterwasser allerdings nicht. Dies könnte zu Magendarmbeschwerden führen, da die Werte für die beiden Fäkalkeime erhöht sind. Vor allem, wenn es warm ist, können sich die Bakterien sehr schnell vermehren. Problematisch ist das keimbelastete Wasser hauptsächlich für gesundheitlich angeschlagene Menschen und für Säuglinge. «Will man jedes Risiko vermeiden, sollte man nicht im Wasser tauchen und nach dem Flussbad duschen.»

Unproblematisch ist das Kühlen von Bier, Schnaps und vakuumierten Bratwürsten mit dem Flusswasser. «Solange die Flaschen zu sind, sollte das kein Problem sein.» Am besten trocknet man die Öffnung beim Herausnehmen aus der Kühltruhe kurz ab, damit das keimbelastete Wasser nicht in die Verdauung gerät.

Proben im Fluss können stark variieren

Allerdings kann die Keimbelastung der Sitter je nach äusseren Bedingungen variieren. «Diese Probe ist nur eine Momentaufnahme», sagt der St.Galler Kantonschemiker Pius Kölbener. «In einem Fluss hat die Wassermenge Einfluss, da diese einen Verdünnungseffekt mit sich bringt. Ebenso die Wassertemperatur. Bei tiefen Temperaturen ist das Bakterienwachstum deutlich kleiner.» Weiter spielen auch die Kläranlagen eine Rolle, weil diese ihr Wasser oft in Flüsse ableiten und dadurch erhöhte Bakterienwerte wahrscheinlich sind.

Ausserdem können sich, wenn die Sitter weniger Wasser führt, Tümpel bilden und das Wasser wird wärmer. «Dann vermehren sich auch die Bakterien schneller», sagt Hanspeter Gsell von der Bamos AG. Dieses Jahr zeigte das Thermometer 16 Grad an. Die Probe wurde am Samstag gegen 18.30 Uhr gezogen, rund zwei Stunden zuvor waren deutlich mehr Leute in der Sitter, um sich abzukühlen. «Wie stark das einen Einfluss auf die Probe haben kann, ist schwierig zu sagen», sagt Gsell.

Mehr MDMA und Amphetamine

Auch Drogen konnten bereits in der Sitter nachgewiesen werden. 2012 führte die Eawag eine Probe während des OpenAir St.Gallen durch. Dabei wurde vor allem ein erhöhter Wert an MDMA festgestellt, rund zehn Mal mehr Rückstände von Ecstatsy wurden im Abwasser gefunden als an gewöhnlichen Tagen. Zusätzlich wurden im Abwasser Amphetamine nachgewiesen, was sonst in St.Gallen nicht gemessen werden konnte.

Kein erhöhter Konsum wurde 2012 bei Kokain gemessen, hier lagen die Werte nur leicht über jenen eines normalen Tages, wie die Eawag gegenüber FM1Today sagt. St.Gallen hat den höchsten Kokain-Wert im Abwasser in ganz Europa. Keine Aussagen liessen sich über den Konsum von Marihuana (THC) und über Methamphetamine während des OpenAir St.Gallen 2012 machen.

Faber und Fil Bo Riva in der Sitter

Nicht nur die Openair-Besucher gönnen sich gerne ein kühles Bad in der Sitter. Dieses Jahr haben sich unter anderem die Jungs von Faber, zusammen mit Fil Bo Riva, eine Abkühlung im Fluss gegönnt. Gut zu wissen, dass sie sich dabei vermutlich keine Magen-Darm-Infektion aufgehalst haben.

Nicht getestet haben wir den Uringehalt der Sitter am unteren Ende des Geländes. Wer also keine Angst vor «Bisi» hat, kann auch nächstes Jahr wieder ein kühles Bad in der Sitter geniessen. Wer sich aber «gruust», der sollte als Einstieg wohl ein lauschiges Plätzchen beim Helfereingang suchen.

veröffentlicht: 10. Juli 2019 05:08
aktualisiert: 11. Juli 2019 11:27

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