Wie me i de Ostschwiiz mitenand redt

12.10.2017, 09:03 Uhr
· Online seit 12.10.2017, 08:58 Uhr
Jugendliche verwenden Schweizerdeutsch von allen Altersgruppen in der Deutschschweiz am häufigsten. Das zeigt eine neue Studie. In den Ostschweizer Kantonen sind Dialekte unterschiedlich stark verbreitet. Die Nachfrage nach Mundartkursen steigt.
René Rödiger
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Katharina Brenner/St.Galler Tagblatt

Ganz gleich, ob Niederhelfenschwil oder Zürich – Hochdeutsch ist in der Deutschschweiz sehr stark präsent. Und das hat nichts mit dem Leben auf dem Land oder in der Stadt zu tun, wie eine aktuelle Studie des Bundesamts für Statistik zu Schweizerdeutsch und Hochdeutsch in der Schweiz zeigt. Sie beruht auf Daten aus der Erhebung zur Sprache, Religion und Kultur aus dem Jahr 2014. Deren Auswertung bietet erstmals Auskunft zu Schweizerdeutsch und Hochdeutsch in Partnerschaft, Familie, Arbeit und beim Medienkonsum. Während Hochdeutsch in der gesamten Deutschschweiz sehr stark präsent ist, wird in den ländlichen Gemeinden häufiger Schweizerdeutsch gesprochen als in den Agglomerationsgemeinden und in den Städten.

Nähe zu Deutschland hat Auswirkung

Jedoch nur 1,6 Prozent der Befragten verwenden ausschliesslich Schweizerdeutsch und kein Hochdeutsch. Gut ein Zehntel der Befragten verwendet nur Hochdeutsch und kein Schweizerdeutsch. Bei Personen mit Tertiärabschluss sind es 17 Prozent und vor allem ausländische Staatsangehörige. In BaselStadt leben mit 21 Prozent die meisten Personen, die nur Hochdeutsch und kein Schweizerdeutsch sprechen. Der Thurgau steht an fünfter Stelle mit 14 Prozent, was sich jeweils mit der Nähe zu Deutschland erklären lässt. Im Berufsleben ist Hochdeutsch überall verbreitet: 81 Prozent der Befragten verwenden bei der Arbeit regelmässig Schweizerdeutsch und 87 Prozent Hochdeutsch (siehe Grafik). Der Grund dafür ist simpel: auch das geschriebene Wort wurde in die Frage nach Sprachen am Arbeitsplatz eingeschlossen. Zudem waren Mehrfachnennungen möglich und die Angabe anderer Sprachen.

Im Freundeskreis, unter Verwandten und in der Partnerschaft dominiert deutlich das Schweizerdeutsche. Für Überraschungen sorgt die jüngste Gruppe der 15- bis 24-Jährigen. Sie verwenden besonders häufig nur Schweizerdeutsch mit Freunden und Verwandten. Der Durchschnitt liegt bei rund 70 Prozent. Bei dieser jüngsten Gruppe sind es 85 Prozent und damit sogar mehr als bei den über 65-Jährigen. Von ihnen verwenden 75 Prozent ausschliesslich Schweizerdeutsch mit Freunden und Verwandten. Überraschend ist die Verbreitung von Schweizerdeutsch bei den Jungen vor allem deshalb, weil sie sich deutlich davon unterscheidet, was sie in Filmen, im Radio und im Internet hören und lesen: 40 Prozent konsumieren Medien ausschliesslich auf Hochdeutsch, gut 50 Prozent auf Hochdeutsch und Schweizerdeutsch und drei Prozent nur auf Schweizerdeutsch. Je älter die Befragten sind, desto weniger konsumieren sie Medien nur auf Hochdeutsch. Bei der Gruppe ab 65 Jahren sind es noch 27 Prozent. Sieben Prozent von ihnen konsumieren Medien nur auf Schweizerdeutsch.

Detaillierte Angaben zu einzelnen Kantonen macht die Studie nicht. In der Strukturerhebung aus dem Jahr 2015 hat das Bundesamt für Statistik jedoch den Sprachgebrauch zu Hause und bei der Arbeit in den Kantonen untersucht. In Appenzell Innerrhoden ist Schweizerdeutsch in beiden Bereichen am meisten verbreitet: Von der Wohnbevölkerung ab 15 Jahren sprechen 92 Prozent zu Hause Schweizerdeutsch und 95 Prozent bei der Arbeit (siehe Grafik). Hochdeutsch sprechen indes in Innerrhoden zu Hause nur knapp 6 Prozent. Mehrfachnennungen und die Angabe anderer Sprachen waren auch hier möglich. Im Thurgau wiederum wird im Ostschweizer Vergleich am meisten Hochdeutsch und am wenigsten Schweizerdeutsch gesprochen – bei der Arbeit und zu Hause.

Kurse für Schweizerdeutsch sind gefragt

In den Kursen der Klubschule Migros in der Ostschweiz nimmt die Nachfrage nach Schweizerdeutsch-Kursen im Moment wieder zu. «An unseren Stand­orten in Buchs, Chur, Schaffhausen, St. Gallen und Winterthur bieten wir im Schnitt jeweils drei Kurse für Schweizerdeutsch pro Jahr an», sagt Mario Della Costanza, Leiter Sprachen Deutsch an der Klubschule Migros St. Gallen. «Die Dozenten kommen aus der Region, um für einen authentischen, ortsbezogenen Unterricht zu sorgen.»

Denn «Wie me mitenand redt» kann sich von Dorf zu Dorf schon ganz anders anhören.

Dieser Artikel erschien am 12.10.2017 im St.Galler Tagblatt

veröffentlicht: 12. Oktober 2017 08:58
aktualisiert: 12. Oktober 2017 09:03

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