Agrarfreihandels-Szenarien führten zu Missverständnissen

05.09.2018, 12:40 Uhr
· Online seit 05.09.2018, 12:14 Uhr
Mit seinen Freihandels-Plänen für Agrarprodukte hat Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann die Bauern gegen sich aufgebracht. In einem Zusatzbericht, den der Bundesrat am Mittwoch verabschiedet hat, ist von Missverständnissen die Rede.
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Die Szenarien in der Gesamtschau zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik hätten «rein illustrativen Charakter». Damit habe der Bundesrat zeigen wollen, welche Auswirkungen verschiedene Grade der Öffnung auf die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft haben könnten, heisst es im Bericht im Auftrag des Nationalrats.

Die Gesamtschau vom November 2017 lässt wenig Raum für Interpretation. «Der Grenzschutz für landwirtschaftliche Waren soll durch gegenseitige Marktöffnung im Rahmen von Freihandelsabkommen abgebaut werden», beschreibt der Bundesrat seine Strategie. Der Abschluss von gesamtwirtschaftlich vorteilhaften Einkommen sei ohne «deutliche Konzessionen» insbesondere der Landwirtschaft kaum möglich.

Der Bundesrat prüfte verschiedene Szenarien, die von einer vollständigen Marktöffnung gegenüber der EU bis hin zum beschränkten Freihandel mit den Mercosur-Staaten reichen. Sein Lieblingsszenario ist eine teilweise Marktöffnung, die die Preisdifferenz gegenüber dem Ausland um 30 bis 50 Prozent reduzieren soll. Ein solcher Schritt könnte die Bauern bis zu 800 Millionen Franken im Jahr kosten.

Damit ist der Bundesrat beim Parlament aufgelaufen. Der Nationalrat wies die Gesamtschau an den Absender zurück. Die mit der Rückweisung verbundenen Aufträge erfüllt der Bundesrat mit den Zusatzbericht. Einer davon lautet, den Freihandel nicht mit Agrarpolitik zu vermischen.

Diesen Schritt hat der Bundesrat schon mit einem Grundsatzentscheid vom Juni vollzogen. Damals beschloss er, Agrarpolitik und Freihandel wieder zu trennen. Hingegen will er den unternehmerischen Spielraum für die Bauern vergrössern, den administrativen Aufwand reduzieren und die Digitalisierung nutzbar machen.

Entsprechend gehört die Marktöffnung auch nicht zu den Massnahmen, die der Bundesrat im Rahmen der Agrarpolitik nach 2022 prüfen will. Im Zusatzbericht stellt er jedoch fest, dass es bei der Zielerreichung der Agrarpolitik 2014-2017 bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit eine Lücke gibt. Defizite sieht er auch bei den Umweltzielen. Andere Ziele der Agrarpolitik wurden hingegen übertroffen, namentlich beim Einkommen und der Nahrungsmittelproduktion.

Schliesslich beauftragte der Nationalrat den Bundesrat, einen Zeitplan für die Agrarpolitik nach 2022 vorzulegen, der die hängigen Agrarinitiativen berücksichtigt. Bei der Fair-Food-Initiative und der Ernährungssouveränitäts-Initiative ist das kein Problem, weil in wenigen Wochen darüber abgestimmt wird. Die Trinkwasser-Initiative und die Initiative gegen synthetische Pestizide hingegen können nur berücksichtigt werden, wenn Bundesrat und Parlament sehr rasch entscheiden.

Die Gesamtschau und der Zusatzbericht gehen nun zurück ans Parlament. Als nächstes befasst sich die Nationalratskommission wieder mit dem Thema.

veröffentlicht: 5. September 2018 12:14
aktualisiert: 5. September 2018 12:40
Quelle: SDA

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