Einerseits geht es um den Anteil der Kantone an der direkten Bundessteuer. Der Ständerat beharrt darauf, diesen im Zug der Unternehmenssteuerreform III von 17 Prozent auf 21,2 Prozent zu erhöhen. Der Nationalrat will ihnen bisher nur 20,5 Prozent zugestehen, also rund 150 Millionen Franken weniger.
Andererseits ist die Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer umstritten. Es handelt sich um den Abzug eines fiktiven Zinses auf hohem Eigenkapital, von welchem insbesondere Holding- und Domizilgesellschaften profitieren.
Wegen der hohen Steuerausfälle wollte der Ständerat bisher nichts davon wissen. Nur mit einer Gegenfinanzierung wäre die zinsbereinigte Gewinnsteuer für die kleine Kammer denkbar. Im Rahmen eines Kompromisses hatte ihre Wirtschaftskommission (WAK) daher vorgeschlagen, das Thema Teilbesteuerung von Dividenden noch einmal aufs Tapet zu bringen.
Die Nationalratskommission jedoch verweigerte sich der Diskussion. Diese Abfuhr hat der Ständerat schlecht aufgenommen. Wohl darum scheute er sich nicht, in die Trickkiste zu greifen: Mit 22 zu 20 Stimmen bei 2 Enthaltungen stimmte er am Donnerstag der zinsbereinigten Gewinnsteuer zwar zu. Diese sollen aber nur jene Kantone einführen dürfen, die Dividenden auf Beteiligungen über 10 Prozent zu mindestens 60 Prozent besteuern.
Mit dieser Bedingung wird das wichtigste Anliegen des Nationalrats mit der zentralen Forderung des Ständerats verknüpft. Die Befürworter der unorthodoxen Lösung beriefen sich auf die Kantone. Diese unterstützen die zinsbereinigte Gewinnsteuer, sofern es eine Gegenfinanzierung gibt. Der ehemalige Zuger Finanzdirektor Peter Hegglin (CVP) sprach von einem «Gesamtpaket», das es zu schnüren gelte.
Die SP und ein Teil von FDP und CVP setzten sich vehement gegen die Verknüpfung ein, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Ruedi Noser (FDP/ZH) befürwortete den Zinsabzug. Dieser hat seiner Ansicht nach aber keinen inhaltlichen Zusammenhang mit der Dividendenbesteuerung. Seine Parteikollegin Karin Keller-Sutter (SG) meldete ebenfalls Bedenken an. Unter dieser Bedingung könnten es sich wohl kaum alle Kantone leisten, die zinsbereinigte Gewinnsteuer einzuführen, sagte sie.
Es gab auch Zweifel, ob die bereits abgelehnte Teilbesteuerung von Dividenden ohne Rückkommen überhaupt wieder aufs Tapet gebracht werden darf. Das Vorgehen war jedoch von der Verwaltung abgesegnet worden. Zumindest der Anstand werde damit aber geritzt, sagte Noser.
Christian Levrat (SP/FR) sprach sogar von einem «krassen Verstoss gegen das Parlamentsgesetz». Anders als die FDP-Vertreter lehnte er den Zinsabzug aber ohnehin ab. Auch Anita Fetz (SP/BS) sah keinen Grund, die Diskussion darüber noch einmal neu aufzurollen.
Nun muss sich der Nationalrat mit dem Paket auseinandersetzen. Ein Einlenken ist nicht zu erwarten, daher dürfte die Vorlage in die Einigungskonferenz kommen. Üblicherweise müssen dabei beide Räte etwas nachgeben. Doch selbst wenn der Ständerat alle seine Positionen preisgeben müsste, würde er als Sieger vom Feld gehen. Es ist daher wahrscheinlich, dass der Nationalrat den Einsatz für dieses letzte Gefecht noch einmal deutlich erhöht.
Dass gar keine Einigung zu Stande kommt, ist hingegen nicht zu erwarten. Zu viel steht auf dem Spiel: Die Unternehmenssteuerreform III ist nötig, weil die Schweiz die Steuerprivilegien für ausländische Unternehmen unter internationalem Druck aufgeben muss. Diese hoch mobilen Unternehmen tragen jedoch einen bedeutenden Anteil an die Steuereinnahmen von Bund und Kantonen bei.
Die Linke hat die Steuerregimes seit jeher bekämpft, gegen die Unternehmenssteuerreform III in ihrer aktuellen Gestalt will sie mit dem Referendum vorgehen. Die Hände in den Schoss legen und zuschauen, wie die Unternehmen in steuergünstigere Gefilde abwandern, will die SP aber nicht.
Die Vorlage zielt darauf ab, mit dem höheren Kantonsanteil an der Bundessteuer die Voraussetzungen für Steuersenkungen auf breiter Front zu schaffen. Daneben werden international akzeptierte Vergünstigungen eingeführt. Dazu gehören die Patentbox für Erträge aus Immaterialgüterrechten, die Tonnage Tax für Schifffahrtsunternehmen oder die Abzüge für Forschung und Entwicklung über die tatsächlichen Kosten hinaus. Darüber haben sich die Räte inzwischen geeinigt.