Attentäter hauste in deutschem Asylheim

· Online seit 10.01.2016, 17:50 Uhr
Die Spur des am Donnerstag bei einem Angriff in Paris erschossenen Attentäters führt nach Deutschland. Der Tunesier wohnte zeitweise in einer Asylbewerberunterkunft in Recklinghausen, wie das Landeskriminalamt in Düsseldorf mitteilte. Offenbar hat sich der Täter auch in der Schweiz aufgehalten.
Leila Akbarzada
Anzeige

Nach einem Hinweis der französischen Sicherheitsbehörden untersuchten Polizisten die Wohnung des Mannes auf dem Gelände einer Asylbewerberunterkunft in der nordrhein-westfälischen Stadt.

Der Angreifer hatte am Jahrestag des Anschlags auf die Satirezeitung «Charlie Hebdo» am Donnerstag mit einem Metzgerbeil bewaffnet und «Allahu Akbar» (Gott ist grösser) rufend Polizisten vor einem Kommissariat im Pariser Viertel Goutte d'Or attackiert. Die wachhabenden Polizisten erschossen den Mann, der auch eine Sprengstoffgürtel-Attrappe trug.

Kein Sprengstoff in der Wohnung

Bei der Durchsuchung der Wohnung «wurde kein Sprengstoff gefunden», sagte der Chef des LKA, Uwe Jacob, am Sonntag in Düsseldorf. Es seien auch keine Hinweise aufgetaucht, wonach der Mann Straftaten in Deutschland habe ausführen wollen.

Das LKA setzte eine eigene Ermittlungskommission ein: Diese stimme sich eng mit den französischen Sicherheitsbehörden ab.

Aufenthalt auch in der Schweiz

Nach Angaben des französischen Innenministers Bernard Cazeneuve handelte es sich offenbar um einen Einzeltäter. Seiner Kenntnis nach hatte der junge Mann keine Komplizen, sagte Cazeneuve am Sonntag den Sendern Europe 1 und iTélé. Er habe sich wohl in mehreren europäischen Staaten aufgehalten, in Deutschland, aber auch in Luxemburg und in der Schweiz.

Aus französischen Ermittlerkreisen hiess es, der Tote sei als ein Tunesier namens Tarek Belgacem identifiziert worden. Bei der Leiche war ein Bekennerschreiben mit einer aufgemalten Fahne der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gefunden worden, in dem der Mann IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi die Treue schwört.

Mehrere Namen und Nationalitäten

Wie die «Welt am Sonntag» unter Berufung auf deutsche Sicherheitskreise berichtete, hatte der Mann in Deutschland unter dem Namen Walid Salihi Asyl beantragt. Insgesamt war er demnach unter vier Aliasnamen in der Bundesrepublik registriert. Als Staatsangehörigkeit habe er mal syrisch, mal marokkanisch, mal georgisch angegeben.

In Deutschland war der Mann dem Bericht zufolge schon mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten. In der Flüchtlingsunterkunft in Recklinghausen habe er im September das Zeichen des IS an die Wand gemalt. Im Dezember sei er aus der Unterkunft verschwunden, berichtete das ZDF unter Berufung auf Sicherheitskreise.

Eltern melden sich zu Wort

Ein tunesisches Paar, das sich als Tareks Eltern vorstellte, hatte am Samstag im tunesischen Radiosender Sabra FM bestätigt, dass sich ihr Sohn kürzlich in Deutschland aufgehalten habe. «Er hat nichts getan», sagte die Frau und warf den französischen Behörden vor, ihren Sohn grundlos getötet zu haben. Der Mann beteuerte, sein Sohn Tarek habe keiner extremistischen Organisation angehört.

veröffentlicht: 10. Januar 2016 17:50
aktualisiert: 10. Januar 2016 17:50
Quelle: SDA

Anzeige
Anzeige