Eine Chilbi wie vor 50 Jahren

· Online seit 07.06.2017, 07:24 Uhr
Der Gallusplatz in St.Gallen macht eine Zeitreise. Diese bringt ihn 50 Jahre zurück, in die Zeit, als man noch in der Geisterbahn knutschte und die krassesten aller Achterbahnen ein drehender Teller oder eine Schiffschaukel waren. Die historische Chilbi kommt nach St.Gallen und mit ihr ein Original. Der 66-jährige Schausteller Paul Läuppi kennt seine Bahn «Calypso» schon seit er 18 Jahre alt ist.
Lara Abderhalden
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«Hallihallo St.Gallen, es ist nostalgische Chilbi, seit 30 Jahren waren wir nicht mehr hier. Jetzt sind wir zurück - Calypso, das tanzende Karussell für die ganze Familie. Steigt ein und sucht euch einen Platz zum Sitzen», ruft Paul Läuppi. Der 66-Jährige betreibt das Geschäft «Calypso», bei dieser Attraktion an der historischen Chilbi in St. Gallen handelt es sich um eine grosse drehende Platte, auf der wiederum drehende kleinere runde Schalen befestigt sind.

«Diese Bahn war vor 50 Jahren eine Hightech-Attraktion. Es war das beste, was man kriegen konnte. Die verrückteste Bahn, die es gab», erzählt der Aargauer. Heute gehe es kaum noch um den Adrenalin-Kick: «Die Bahn ist beschaulich. Auch eine Grossmutter oder ein Grossvater hat heute keine Mühe, mit der Bahn zu fahren. Es ist etwas für Geniesser.»

«In der Stadt läuft zu wenig»

Die 1963 gebaute Calypso ist nur eine von vielen Bahnen, die man von Donnerstag bis Sonntag an der historischen Chilbi im St.Galler Klosterviertel geniessen kann. Die Idee dieser Chilbi kam vom Moderator Beat Antenen und Paul Läuppi selbst: «Ich habe schon mehrmals bei der Stadt St.Gallen angefragt, aber sie wollten mich nie haben, da meine Bahn nicht verrückt genug war.» Deshalb sei die Idee einer historischen Chilbi entstanden.

«Wir haben schon oft den Vorwurf gehört, dass in der Stadt nicht viel läuft», sagt Walter Schweizer, Vertreter der Stadt St.Gallen. «Vor vier Jahren haben wir deshalb angefangen, die Chilbi zu planen.» Man habe sich dann verschiedene Attraktionen früherer Jahre an Bord geholt: «Es war nicht ganz einfach. Wir haben nicht den Platz für jede Art von Bahnen. Ausserdem ist es sehr aufwändig, nostalgische Bahnen aufzubauen. Diesen Auffwand wollte nicht jeder auf sich nehmen.»

Mit dem Traktor von Aarau nach St.Gallen

Einer der den Aufwand auf sich genommen hat, ist der Basler Pascal Steiner. Er betreibt eine 80 Jahre alte Geisterbahn. «Wir mussten die Wägen der Geisterbahn einzeln mit einem Traktor von Aarau nach St.Gallen fahren. Mit dem Traktor ist man ungefähr 30 Stundenkilometer schnell», erzählt der Schausteller. Der Aufbau der Geisterbahn dauert mindestens vier Tage und der Regen der letzten Tage machte diesen Aufbau nicht gerade einfacher: «Es ist ziemlich aufwändig, die einzelnen Teile zusammenzubauen, ausserdem können wir die Fassade nicht fertig machen, weil es viel zu rutschig ist.»

Die Fassade ist das Herzstück der Geisterbahn. Sie wurde von einer 80-jährigen Kunstmalerin als eine Art Finalissima gemalt: «Sie wollte unbedingt noch etwas zu Ende bringen, bevor sie sich definitiv von der Kunstmalszene verabschiedet», erklärt Paul Läuppi. Er hat Pascal Steiner bei der Restaurierung der Geisterbahn geholfen. «Wir mussten einige Dinge den aktuellen Sicherheitsstandards anpassen, aber grundsätzlich wurde die Bahn so belassen, wie sie vor 80 Jahren war.» Einzig die dunklen Phasen während der Fahrt mussten leicht verkürzt werden, dabei waren für viele genau diese Abschnitte die spannendsten: «Vor allem für Liebespaare waren die dunklen Stellen interessant», witzelt Paul Läuppi.

Mit 18 Jahren Chips verkauft

Paul Läuppi ist Schausteller durch und durch und bezeichnet sich selbst als nostalgisch: «Ich habe mit 18 Jahren Chips für die Calypso verkauft, heute mit 66 Jahren bin ich noch immer bei derselben Bahn. Man kann sagen, die Calypso hat mein gesamtes Leben dominiert, da hinein fliesst mein Herzblut.» Diese Freude und Begeisterung für die Bahn möchte er seinem Publikum weitergeben: «Ich lebe von den Rückmeldungen der Leute. Es gibt nichts Schöneres als leuchtende Kinderaugen. Ich möchte den Menschen Freude bereiten, dies ist der Zweck der historischen Chilbi, der Kommerz steht nicht im Vordergrund.»

TVO hat sich auf dem Chilbi-Gelände umgesehen:

Die historische Chilbi findet vom 8. bis 11. Juni 2017 im Klosterviertel statt. Es gibt unter anderem eine Schiffschaukel, ein Kinderkarussell, Kettenflieger, eine Geisterbahn und einen «Hau den Lukas». Dazu gibt es Musik aus den 50er, 60er und 70er-Jahren und einzelne Verpflegungsstände. Eine Fahrt mit der Calypso oder der Geisterbahn kostet vier Franken.
veröffentlicht: 7. Juni 2017 07:24
aktualisiert: 7. Juni 2017 07:24
Quelle: abl

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