EU ruft Botschafter in Moskau zurück

23.03.2018, 06:06 Uhr
· Online seit 23.03.2018, 01:37 Uhr
Wegen des Giftanschlags auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal in Grossbritannien ruft die EU ihren Botschafter aus Moskau für Konsultationen zurück. Das bestätigte am Freitag der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte nach Beratungen des EU-Gipfels.
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Die EU-Staats- und Regierungschefs wollten damit ihre Entschlossenheit zeigen, sagte ein EU-Vertreter in der Nacht. Der Schritt stehe symbolisch für die Solidarität der Union mit Grossbritannien nach dem Giftanschlag von Salisbury, sagten drei Diplomaten. «Er wird für Unterredungen zurückgerufen», sagte einer von ihnen. Zurzeit leitet der deutsche Diplomat Markus Ederer die EU-Vertretung in Russland.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hält zudem als Reaktion auf den Giftanschlag weitere Massnahmen gegen Russland für möglich. Zunächst müsse die Bewertung durch die mit der Untersuchung beauftragte Chemiewaffenorganisation abgewartet werden, sagte sie. «Wir sind entschlossen, (...) gegebenenfalls auch durch weitere Massnahmen einheitlich zu reagieren.»

Zuvor hatten die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Mitgliedstaaten auch mit einer Gipfelerklärung den Ton gegenüber Russland verschärft. In ihr heisst es, man stimme mit der britischen Regierung darin überein, dass Russland mit hoher Wahrscheinlichkeit die Verantwortung für den Nervengift-Anschlag in Salisbury trage, und dass es keine plausible alternative Erklärung gebe.

Noch am Montag hatte sich die EU bei einem Aussenministertreffen nicht auf eine klare Schuldzuweisung in Richtung Russland einigen können. Damals hatte es geheissen, die EU nehme die Einschätzung Grossbritanniens sehr ernst, dass höchstwahrscheinlich Russland für den Anschlag verantwortlich sei.

Der neue russische Botschafter in Deutschland reagierte scharf auf die Erklärung des EU-Gipfels. «So eine Sprache ist inakzeptabel», sagte Sergej Netschajew der «Neuen Osnabrücker Zeitung» vom Freitag.

Netschajew bekräftigte Russlands Angebot, bei der Aufklärung des Giftanschlags von Salisbury mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten. «Aber wir sind gegen Ultimaten und unbewiesene Verleumdungen, geprägt von unangemessenen Aussagen und Parallelen», sagte Netschajew.

Der frühere Doppelagent Skripal und seine Tochter Yulia waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank im englischen Salisbury gefunden worden. Sie wurden nach derzeitigem Ermittlungsstand mit dem in der früheren Sowjetunion entwickelten Kampfstoff Nowitschok vergiftet. Beide befinden sich noch in einem kritischen Zustand.

Die britische Regierung hatte Russland von Anfang an dafür verantwortlich gemacht. Russland streitet jegliche Verantwortung für den Anschlag ab.

veröffentlicht: 23. März 2018 01:37
aktualisiert: 23. März 2018 06:06
Quelle: SDA

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