Finanzielle Vorteile statt Flüchtlingswohl?

20.09.2016, 21:58 Uhr
· Online seit 20.09.2016, 16:33 Uhr
Beim Umgang mit jugendlichen Asylsuchenden soll Vetternwirtschaft betrieben werden. Dieser Meinung ist die «Aktion Zunder». Sie kritisiert Gemeindevertreter Roger Hochreutener scharf.
Christoph Fust
Anzeige

Etwa 140 unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA) sind momentan im kantonalen Zentrum Thurhof in Oberbüren untergebracht. Bis anhin hat sich der Kanton um die Jugendlichen gekümmert. Seit kurzer Zeit sind nun die Gemeinden dafür zuständig. Und schon werden diese von linker Seite kritisiert.

Krasser Fall von Filz

Die Kritik geht an die Adresse von Roger Hochreutener. Der Gemeindepräsident von Eggersriet ist Geschäftsleiter der Vereinigung St.Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten (VSGP). Die VSGP kümmert sich über den Trägerverein für Intergrationsprojekte (TISG) um die jugendlichen Asylsuchenden. Roger Hochreutener vereine zu viel Macht auf sich, da er in VSGP und TISG Aufgaben übernehme.

Ausserdem sei Hochreuteners Treuhandfirma für die Rechnungsführung der VSGP verantwortlich und Hochreuteners Frau in diesem Zusammenhang als Sekretärin angestellt. «Ein scheinbar gut gemeintes Projekt, die dringende Neustrukturierung des Asylbereichs für die UMAs, wird in einer bemerkenswerten Form von Vetternwirtschaft an Personen übergeben, die mehrmals öffentlich und von verschiedener Seite für ihren Mangel an Kompetenzen gerügt wurden», schreibt die ausserparlamentarische «Aktion Zunder». Es handle sich um einen krassen Fall von Filz.

«Nicht das Wohl der Flüchtlinge im Sinn»

Nebst Hochreuteners verschiedener Aufgaben bemängelt die «Aktion Zunder» ausserdem, dass es der VSGP nicht um das Wohl der Flüchtlinge gehe. Schon andere Stellen hätten Roger Hochreutener kritisiert: «Die Arbeit der TISG unter Hochreutener richtet sich laut Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht nicht nach dem Wohl der Betroffenen aus.» Ausserdem vermutet die «Aktion Zunder», dass «überschüssige Bundesgelder für die Integration der Flüchtlinge abgegriffen werden».

Die Finanzen sind ein Thema, das auch Josef Wirth, katholischer Pfarrer in St.Gallen, Vorstandsmitglied der Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht und Mediensprecher des Solidaritätsnetzes, interessiert. «Wir fragen uns, ob bei Herr Hochreutener tatsächlich die Interessen der Flüchtlinge im Vordergrund stehen oder nicht etwa Prestige und finanzielle Vorteile», sagt Wirth.

«VSGP arbeitet transparent»

Roger Hochreutener selbst will zur Kritik an seiner Person keine Stellung nehmen. Das sei als Geschäftsführer der VSGP nicht seine Aufgabe. Boris Tschirky, Präsident der VSGP und Gemeindepräsident von Gaiserwald, nimmt Hochreutener in Schutz: «Roger Hochreutener ist ein sehr seriöser und intensiver Schaffer. Aufgrund seiner Erfahrung als Gemeindepräsident und seiner Aufgaben in verschiedenen Stiftungen bin ich der Auffassung, dass sehr gutes Know-how vorhanden ist, um die Aufgaben im Zusammenhang mit den UMAs umzusetzen.»

Zur Frage der Finanzen äussert sicht Tschirky wie folgt: «Auf unserer Internetseite zeigen wir völlig transparent, welche Gelder wohin fliessen. Ich bin überzeugt davon, dass die Geschäftstätigkeit korrekt abläuft.»

Aufgaben werden neu verteilt

Allerdings räumt Boris Tschirky ein, dass es zukünftig eine bessere Trennung zwischen politischem und operativem Geschäft brauche. «Es ist wichtig, dass im Zusammenhang mit den UMAs die interne Organisation der VSGP wieder sauber aufgestellt wird. Das bedeutet nicht, dass wir Roger Hochreutener zurückbinden.»

Aller Kritik zum Trotz: Im Oktober startet die VSGP den Testbetrieb mit den UMAs in einem ehemaligen Internat in Thal. Das Zentrum im Thurhof soll bis spätestens Ende März 2017 aufgelöst werden.

Mehr zum Thema im TVO-Beitrag:

veröffentlicht: 20. September 2016 16:33
aktualisiert: 20. September 2016 21:58

Anzeige
Anzeige