Immer mehr Flüchtlinge drängen in die Schweiz

07.11.2015, 11:19 Uhr
· Online seit 07.11.2015, 09:59 Uhr
Die Kantone machen sich Sorgen um steigende Flüchtlingszahlen. Hans-Jürg Käser, der Präsident der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren, spielt nun mit dem Gedanken, das Asyl-Notfallkonzept des Bundes hochzufahren.
Simon Riklin
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Steigende Asylzahlen der letzten Tage bereiteten den Kantonen Sorge, sagt Käser heute im Interview mit Radio SRF . Und der Druck werde eher noch steigen. Ihm zufolge leben insbesondere in Deutschland zahlreiche nicht registrierte Menschen aus Afghanistan. In diesen Fällen habe das Dublin-Abkommen «nicht funktioniert».

Kanton St.Gallen besonders gefordert

Im Kanton St.Gallen sind in den letzten Tagen doppelt so viele Flüchtlinge eingereist, als noch die Wochen zuvor. Dies sagt Jörg Köhler, Leiter des St. Galler Amts für Zivilschutz gegenüber SRF.  Ein Grossteil der Flüchtlinge stammt aus Afghanistan. «Die Situation für afghanische Flüchtlinge hat sich in Deutschland wahrscheinlich verändert. Sie ist nicht mehr so positiv», sagt Köhler. Deshalb beantragen diese Flüchtlinge nun in der Schweiz Asyl.

An Spitzentagen waren es bisher bis zu 65 Flüchtlinge, die in den Kanton St.Gallen einreisten. Letzte Woche waren es zeitweise doppelt so viele.Der Kanton St. Gallen ist auf die Situation vorbereitet. Bis zu Tausend Flüchtlinge können in Notunterkünften untergebracht worden.

Notfallszenarien werden geprüft

Eigentlich müsse man die Betroffenen in das erste Dublin-Land zurückschicken, in das sie eingereist sind. Doch diese Länder ausfindig zu machen, sei «nicht ganz einfach», sagt Hans-Jürg Käser. Am Freitag haben Bund und Kantone offenbar Notfallszenarien diskutiert. Käser möchte für einen Entscheid zuerst die Entwicklung der Zahlen auf dem Tisch haben. Für ihn muss man sich aber angesichts der aktuellen Situation darüber Gedanken machen, «jetzt das Notfallkonzept hochzufahren».

Das Konzept sieht unter anderem einen Sonderstab vor. Für Käser könnte damit das Land in seinen Führungsstrukturen «fit gemacht» werden, um grössere Zahlen von Asylsuchenden zu bewältigen. «Ich würde mir wünschen, dass man innerhalb der nächsten 14 Tage die entsprechenden Beschlüsse fasst», sagte er im Radio. Käser ist Regierungsrat im Kanton Bern.

Noch keine Notsituation

Erst gerade im September hatte der Bundesrat festgehalten, die Situation sei zwar schwierig, aber die Schweiz sei von einem Krisenszenario weit entfernt. Notrecht komme daher nicht in Frage. Die Voraussetzungen dafür wären nur bei einer ausserordentlich hohen Zahl von Asylsuchenden gegeben - wenn die Strukturen dauerhaft überlastet wären und eine ordentliche Behandlung der Asylgesuche auf unabsehbare Zeit nicht mehr sichergestellt wäre.

Allerdings hatte das Staatssekretariat für Migration (SEM) vor wenigen Tagen seine Prognosen für Asylgesuche korrigiert: von maximal 31'500 auf 32'000 bis 34'000 Gesuche. Grund dafür ist die Entwicklung auf der Balkanroute.

veröffentlicht: 7. November 2015 09:59
aktualisiert: 7. November 2015 11:19
Quelle: red/sda

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