Raduner-Areal: Ex-Besitzer soll Bodensanierung bezahlen

24.04.2017, 08:18 Uhr
· Online seit 24.04.2017, 07:54 Uhr
Das Raduner-Areal am Bodensee in Horn, auf dem es im Sommer 2015 gebrannt hat, beschäftigt die Justiz seit Jahrzehnten. Streitpunkt: Wer soll die Bodensanierung des mit giftigen Chemikalien belastete Areals bezahlen? Nun hat das Bezirksgericht Arbon entschieden, dass der Ex-Besitzer die Sanierungskosten tragen muss, nicht der Kanton Thurgau.
Stephanie Martina
Anzeige

Die Textilfabrik Raduner & Co. AG veredelte in Horn über Jahrzehnte Stoffe. Dabei wurde der Boden des Firmengeländes mit giftigen Chemikalien verseucht. Grundsätzlich gilt, dass wer für eine Umweltverschmutzung verantwortlich ist, die Kosten zur Beseitigung des Schadens bezahlen muss.

Was gesetzlich klar geregelt ist, ist im Fall des Raduner-Areals bisher umstritten. Der ehemalige Verwaltungsratspräsident der Textilfabrik verlangte mit einer sogenannten Kollokationsklage, dass die Forderungen des Kantons wegen diesen Altlasten im Konkurs der Raduner gestrichen würden.

Bezirksgericht Arbon bittet Ex-Besitzer zur Kasse

Nach einem lang dauernden Verfahren hat das Bezirksgericht Arbon am vergangenen Mittwoch die Forderung des Kantons in der Höhe von 8,3 Millionen Franken nun gestützt. Es begründete den Entscheid damit, dass die heute konkursite Textilfirma im Jahr 2009 für den Verkauf von rund zwei Dritteln des Areals an das Zürcher Unternehmen Eberhard Bau AG soviel erhalten habe. Kurz nach dem Verkauf meldete die Raduner die Liquidation und später den Konkurs an. Geld für eine Sanierung des verschmutzten Bodens war keines mehr da.

Der Frauenfelder Rechtsanwalt Matthias Hotz sagte auf Anfrage der sda: «Der Kanton hat das Urteil mit Genugtuung zur Kenntnis genommen.» Notz vertritt den Kanton in diesem Rechtsstreit. Es dürfe nicht sein, dass die Steuerzahler für die Sanierung eines Schadens aufkommen müssten, während der Verursacher vorhandene Aktiven beiseite schaffe. «Der Verwaltungsrat der Raduner wusste bereits vor dem Verkauf, dass das Land kontaminiert ist und die Firma das Gelände auf ihre Kosten sanieren muss», sagte Hotz weiter.

Deshalb habe der Kanton eine sogenannte paulianische Anfechtungsklage gegen die ehemalige Hauptaktionärin eingereicht, welche den Verkaufserlös erhalten hatte. Das Verfahren findet im Kanton Zug statt, wo die ehemalige Hauptaktionärin ihren Sitz hat. Solange die Kollokationsklage in Arbon hängig ist, wird das Verfahren in Zug sistiert. Wenn das Urteil des Bezirksgericht Arbon rechtskräftig sei, werde das Verfahren in Zug weitergehen, sagte der Rechtsvertreter des Kantons Thurgau. Falls der Kanton Erfolg habe, gehörten die 8,3 Mio. Franken zur Konkursmasse. Es wäre also Geld für eine Sanierung vorhanden und diese müsste nicht vom Kanton bezahlt werden.

Kosten für Sanierung unklar

Unbekannt ist derzeit, wie viel die Sanierung des 44'000 Quadratmeter grossen Areals in Horn kosten wird. Die Eberhard Bau AG hat das Erdreich auf ihrem Land auf eigene Kosten abgetragen und entsorgt. «Die Sanierung für das 33'000 Quadratmeter grosse Gelände hat 30 Millionen Franken gekostet. Wir werden das Land nun verkaufen», sagte Heinrich Eberhard von der gleichnamigen Firma auf Anfrage. Da es sich um Bauland an begehrtester Seelage in einer der steuergünstigsten Thurgauer Gemeinden handelt, dürfte die Rechnung für das Bauunternehmen aufgehen.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Noch immer verschmutzt ist jedoch der Rest des ehemaligen Fabrikgeländes. Auch hier haben der Kanton Thurgau und letztinstanzlich das Bundesgericht die Textilfirma Raduner zur Sanierung verpflichtet. Die ehemalige Textilfabrik muss 90 Prozent tragen, der heutige Eigentümer, die Reto Peterhans AG, 10 Prozent.

Die Höhe der Sanierungskosten sei noch unklar, sagte der Anwalt des Kantons weiter. Es könnte teuer werden, denn Expertisen vermuteten mehrere hochgiftige Hotspots auf dem Gelände. Dank dem Urteil des Bezirksgerichts Arbon könne verhindert werden, dass die öffentliche Hand für die Sanierungskosten in mutmasslicher Millionenhöhe aufkommen müsse. Allerdings sei das Urteil noch nicht rechtskräftig, gab Hotz zu bedenken.

Anfang August 2015 zerstörte ein Grossbrand einen Teil der noch bestehenden Fabrikhallen auf dem Raduner-Areal. Die Thurgauer Staatsanwaltschaft ermittelt seither wegen Brandstiftung.

veröffentlicht: 24. April 2017 07:54
aktualisiert: 24. April 2017 08:18
Quelle: SDA/red.

Anzeige
Anzeige