Schneeschuhwandern: Die unterschätzte Gefahr

17.01.2018, 06:37 Uhr
· Online seit 17.01.2018, 06:15 Uhr
Schneeschuhwandern boomt derzeit in der Wintersportszene. Doch unterschätzen viele Schneeschuhwanderer die Gefahren der Natur und begeben sich auf scheinbar ungefährlichen Routen in grosse Gefahr. Experten sind alarmiert und raten zur Vorsicht.
Raphael Rohner
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«Der Alpstein ist kein Spielplatz, wo man einfach rumlaufen kann, wo man möchte - hier kann ein Fehltritt das Leben kosten», sagt Guido Sutter vom Berggasthaus Ebenalp. Er beobachtet seit kurzem immer wieder Schneeschuhwanderer, die sich in grosse Gefahr begeben, weil sie unwissend herumlaufen. Sutter: «Letztes Wochenende kamen wieder einige vom Seealpsee rauf und wollten bis zum Aescher - das ist in diesen Wetterverhältnissen einfach schlicht zu gefährlich.»

400 Meter in die Tiefe gestürzt

Die Schneeschuhwanderer seien meist unerfahrene und ortsunkundige Leute, die zu leichtsinnig ein Abenteuer suchen. Erst am Samstag stürzten im Toggenburg zwei Schneeschuhwanderer rund 400 Meter in die Tiefe und kamen dabei ums Leben. Es handelte sich um einen Deutschen und einen Schweizer, die beide in Zürich wohnten.

«Vorgelaufene Spuren sind trügerisch»

Im Alpstein gibt es mehrere markierte Touren für Schneeschuhgänger. Doch bewegen sich die Wanderer häufig abseits dieser Routen. «Davon zeugen jeweils Spuren im Schnee», sagt ein erfahrener Berggänger gegenüber FM1Today. Bergler unter sich meiden solche Pfade, da niemand weiss, wo die Spuren hinführen. Sutter: «Teilweise kommen Touristen zu uns auf die Alp und vertrauen auf die Pfade anderer Berggänger. Oder sie waren im Sommer einmal hier und wollen die gleichen Wege gehen - das ist einfach irrsinnig gefährlich. Wer da stolpert, kann im schlimmsten Fall im Seealpsee unten landen.» Auch die Polizei rät den Schneeschuhwanderern, nur auf markierten Pfaden zu laufen - ansonsten soll man sich einen Bergführer organisieren, heisst es bei der St.Galler Kantonspolizei.

Der TVO-Bericht zum Thema:

Instagram-Wahn kann das Leben kosten

Doch warum gehen die Wintersportler auf Abwege, die ihnen das Leben kosten können? Für Guido Sutter hat Instagram einen Zusammenhang mit den waghalsigen Wintersportlern: «Jeder muss der Welt mitteilen, was er geschafft hat. Und jeder will zeigen, dass er noch weiter geht als der letzte.» Auch aus psychologischer Sicht ist dieses Verhalten nicht neu, sagt der Psychoanalytiker Andreas Wöhrle. Es sei im Zeitgeist: «Die Menschen sind derart auf ihre Leistung fixiert, dass sie die Gefahr für ihr Leben ausblenden.» Ein regelrechter Wahn für Anerkennung, den die Leute auf sozialen Medien bekommen. Auch die Ausrüstung sei trügerisch: «Die meisten dieser Leute sind wohl bestens ausgerüstet, doch wiegen sie sich damit in falsche Sicherheit. Die Aufmerksamkeitskultur und Anerkennungssucht treibt die Leute an den Rand - wortwörtlich an und in den Abgrund.»

Wöhrle vergleicht das Verhalten der leichtsinnigen Berggänger mit der Geschichte vom Reiter am Bodensee. Dort geht es darum, dass ein Ritter in einem nebligen Tag über den gefrorenen Bodensee geritten ist. Als sich dieser auf der anderen Seite des Sees erkundigte, wo er denn sei, soll er sich zu Tode erschrocken haben. Wöhrle: «Den Menschen ist gar nicht bewusst, in welcher Gefahr sie sich befinden.»

Gute Vorbereitung und Beratung bringt Sicherheit

Für Schneeschuhwanderungen raten Experten, sich bei den jeweiligen Bergbahnen oder bei Bergführern Informationen zu holen. Die St.Galler Kantonspolizei rät zudem, dass man immer jemanden im Voraus genauesten informiert über seine geplante Tour und wann man wieder zurück sein will. Zudem soll man sein Handy mit einer Ortungsfunktion ausstatten, damit einen Angehörige beziehungsweise Rettungskräfte im Notfall orten können. Dann stehe einer entspannenden Schneeschuhwanderung nichts im Weg.

veröffentlicht: 17. Januar 2018 06:15
aktualisiert: 17. Januar 2018 06:37
Quelle: rar

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