Stadt St.Gallen kritisiert Cityparking

· Online seit 08.05.2017, 17:06 Uhr
Die Cityparking AG gehört zu einem Grossteil der Stadt St.Gallen. Deshalb entsendet diese drei Abgeordnete in den Verwaltungsrat. Einer davon, Martin Boesch, wurde dieses Jahr jedoch nicht zur Generalversammlung zugelassen. Die Stadt St.Gallen ist über dieses Vorgehen gar nicht erfreut. Dies sei kein Benehmen für ein Unternehmen. Derweil fordert die SP gar die Ablöse von Verwaltungsratspräsidenten Elmar Jud.
Fabienne Engbers
Anzeige

Vor gut vier Jahren wurde Boesch in den Verwaltungsrat der Cityparking AG beordert. Mit dem Ende seiner Tätigkeit als Stadtparlamentarier endet auch seine Zeit im Verwaltungsrat. Dies freut offenbar den exekutiven Teil der Cityparking AG, allen voran Verwaltungsratspräsident Elmar Jud.

Boesch wagte es, Kritik zu üben

Das Tagblatt schreibt: «Elmar Jud und Martin Boesch haben das Heu nicht mehr auf der gleichen Bühne.» Dies zeigte sich erstmals im Frühling 2015, als Boesch im Mitteilungsblatt des Verkehrs-Club der Schweiz VCS für die Ortsgruppe St.Gallen alternative Ein- und Ausgänge für die Tiefgarage im Schibenertor auf den Plan brachte. Dies stiess Elmar Jud offenbar sauer auf, «er wollte mich schon damals aus dem Verwaltungsrat werfen», sagt Martin Boesch gegenüber dem Tagblatt.

Ende 2016 wurde es Jud dann aber definitiv zu bunt. Boesch äusserte sich laut dem Tagblatt kritisch zur passiven Haltung der Stadt bei ihren Beteiligungen. Im September 2016 hatte die Stadt das Baugesuch der Cityparking AG abgelehnt, seither läuft ein Rekursverfahren, in welchem die Stadt laut Boesch jedoch zu passiv agiert.

Elmar Jud stellte daraufhin den Verwaltungsratsmitgliedern den Antrag, Boesch von der Mitarbeit auszuschliessen. Er durfte an der letzten Sitzung seiner Karriere in der Cityparking AG nicht mehr teilnehmen. Gegenüber dem Tagblatt wollte sich Elmar Jud nicht zu den Umständen äussern, der Verwaltungsrat berufe sich auf das Geschäftsgeheimnis.

So führt man kein Unternehmen

Das Verhalten der Cityparking AG stösst bei der Stadt St.Gallen auf Ablehnung und Unverständnis. Stadtpräsident Thomas Scheitlin sagte zum Tagblatt, die Cityparking AG hätte zuerst ein Gespräch mit der Stadt als Hauptaktionärin suchen sollen. «In jedem Unternehmen ist das eigentlich ein selbstverständlicher Vorgang zwischen Verwaltungsrat und Hauptaktionär», sagt Scheitlin.

Dieses Aufsuchen eines Gespräches habe aber nie stattgefunden. Stattdessen musste die Stadt, nachdem sie vom Ausschluss Martin Boeschs erfahren hatte, um ein Gespräch nachsuchen. «Für den Stadtrat widerspricht das Vorgehen deshalb klar einer Good Governance.»

Die Stadt ordne ihre drei Vertreter als Hauptaktionärin ab, diese werden an der Hauptversammlung nicht gewählt. Dies impliziert, dass auch nur die Stadt ihre Abgeordneten wieder von einem Posten abberufen kann. Ein schlichtes Ausladen oder Sistieren durch den Verwaltungsrat sei rechtlich und politisch fragwürdig.

Stadt interveniert mit neuem Verwaltungsratsmitglied

Der Stadtrat erachtet das Vorgehen des Verwaltungsrates als Missbrauch des mit der Wahl entgegengebrachten Vertrauens, sagte Thomas Scheitlin gegenüber dem Tagblatt. Daraus zieht der Stadtrat Konsequenzen. Für den abtretenden Heinz Indermaur rückt nun Peter Jans (SP) aus dem Stadtrat nach. Drei Mitglieder aus dem Stadtparlament seien offenbar nicht genug gewesen, befindet die Stadt St.Gallen. Das Stadtparlament stimmte einstimmig für Jans.

Neu sitzen demnach Peter Jans (SP) und die beiden Stadtparlamentarier Roger Dornier (FDP) und Roger Bechtiger (CVP) im Verwaltungsrat der Cityparking AG. Bechtiger denkt laut dem Tagblatt, die Cityparking AG sei zurzeit nur auf Rendite aus. Das Mobilitätskonzept der Stadt St.Gallen und das Verkehrsreglement kümmere den Verwaltungsrat nicht.

«Stadt soll Verwaltungsratspräsidenten stellen»

SP-Präsident Peter Olibet steht derweil hinter seinem Parteikollegen Boesch. Jud habe seine Kompetenzen überschritten. Olibet fordert daher gar eine Aktienmehrheit der Stadt an der Cityparking AG. Damit könnte die Stadt einen VR-Präsidenten stellen und somit Elmar Jud aus seinem Amt entlassen.

Dies fordern auch die Kommentarschreiber zum Tagblatt-Artikel. Das Gebilde sei anfällig für Vetternwirtschaft, daher fordert ein Leser, dass die Stadt die Aktienmehrheit erwirbt und die Geschäftsprüfungskommission dem Verwaltungsrat genau auf die Finger schaut. Genau das Gegenteil fordert ein anderer Leser. Demnach sollte die Stadt alle ihre Anteile verkaufen, ein Eklat sei vorhersehbar gewesen.

Ein dritter Leser fordert Konsequenzen. «Wenn der Stadtrat der fundierten Meinung ist, ein Verwaltungsrat handle ‹rechtlich fragwürdig›, soll er gegen die ‹fragwürdigen Handler› vorgehen und nicht rumduckmäusern», schreibt er.

veröffentlicht: 8. Mai 2017 17:06
aktualisiert: 8. Mai 2017 17:06
Quelle: enf

Anzeige
Anzeige