St. Galler Regierung kippt Kopftuchverbot

28.10.2016, 10:27 Uhr
· Online seit 28.10.2016, 09:52 Uhr
Die St. Galler Regierung will das Kopftuchverbot an Schulen streichen. Im Schulgesetz soll in Zukunft stehen, dass sich die Schüler korrekt kleiden müssen. Das Kopftuchverbot wurde faktisch bereits vor einem Jahr durch das Bundesgericht ausser Kraft gesetzt.
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Schülerinnen und Schüler dürfen mit ihrer Kleidung den Unterricht nicht stören oder den Schulfrieden gefährden. Dies soll künftig in der neuen Gesetzesänderung stehen, die der Regierungsrat in die Vernehmlassung schickt.  Auf Bekleidung, die den ungestörten Unterricht oder den Schulfrieden gefährden, müssen sie laut einem neuen Passus im Volksschulgesetz verzichten. Die örtlichen Schulgemeinden sollen ergänzende Vorschriften erlassen können. Verstösse sollen bei den Eltern geahndet werden.

Jahrelanges hin und her

Während des jahrelangen Streits um das Kopftuchverbot an der Volksschule hatte der St. Galler Kantonsrat die St. Galler Regierung beauftragt, gesetzliche Grundlagen an öffentlichen Schulen und über die Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum auszuarbeiten.

Bundesgerichtsentscheid wegweisend

Mitte 2010 hatte der St. Galler Erziehungsrat unter SVP-Erziehungsdirektor Stefan Kölliker den Schulen empfohlen, Kopftücher und andere Kopfbedeckungen im Unterricht zu verbieten. Im Dezember 2015 gab das Bundesgericht dann jedoch einer aus Bosnien stammenden Schülerin aus St. Margrethen recht, weil das von der Schule erlassene Kopftuchverbot die Glaubens- und Gewissensfreiheit verletze. Die Schülerin war zeitweise vom Unterricht ausgeschlossen worden, weil sie sich geweigert hatte, ohne Kopftuch zur Schule zu gehen.

Regierung will kein Verbot

Auch im öffentlichen Raum will die St. Galler Regierung kein Gesichtsverhüllungsverbot, wie es in einem Communiqué vom Freitag weiter heisst. Ein solches Verbot lasse sich nicht mit dem öffentlichen Interesse begründen. Im Kontakt mit Behörden,beispielsweise mit der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB), dem Sozialamt oder bei Elterngesprächen, soll ein eingeschränktes Verhüllungsverbot eingeführt werden.

Im Einklang mit integrationspolitischen Abwägung

Der von der Regierung vorgeschlagene Weg stehe im Einklang mit integrationspolitischen Abwägungen. «Ein allgemeines Gesichtsverhüllungsverbot könnte nämlich dazu führen, dass gewisse Frauen sich gar nicht mehr im öffentlichen Raum bewegen würden», schreibt der Regierungsrat. Allerdings trügen von den im Kanton ansässigen Musliminnen nur sehr wenige einen Gesichtsschleier. Bei Burka- und Niqabträgerinnen handle es sich meist um Touristinnen, die das Land ohnehin wieder verlassen.

veröffentlicht: 28. Oktober 2016 09:52
aktualisiert: 28. Oktober 2016 10:27
Quelle: SDA/agm

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