Was taugt eine Saftkur wirklich?

· Online seit 10.01.2017, 13:35 Uhr
Das neue Jahr hat für einen Teil des FM1Today-Teams hart begonnen: Eine Zitronensaft-Ahornsirup-Cayennepfeffer-Kur sorgte für einen knurrenden Magen und viel negative Stimmung. Doch hat sich die Tortur wenigstens gelohnt? Ist Heilfasten tatsächlich gesund für den Körper? Ein Arzt und eine Ernährungsberaterin klären auf.
Laurien Gschwend
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Gemäss Bernd Schultes, Facharzt für Ernährungsmedizin im «eSwiss Medical & Surgical Center» in St.Gallen, kann man seinen Körper eigentlich gar nicht entgiften. «Der Begriff stammt aus der Alternativmedizin. Es ist wissenschaftlich gesehen nicht möglich, seine Leber und die Niere zu entgiften», sagt er auf Anfrage. Allerdings sei es schon vernünftig, die Völlerei über die Festtage ein Stück weit auszugleichen, jedoch eher durch eine gesunde Ernährung. Die selbstständige Ernährungsberaterin Rebecca Glauser ist da anderer Meinung. «Die Organe können sich selbst reinigen, wenn sie keine feste Nahrung verdauen müssen.»

Körper holt sich alles zurück

«Werden dem Körper keine Nährstoffe zugeführt, beginnt er, Energie aus den Stärke- und Fettreserven zu gewinnen», so der Facharzt Bernd Schultes. Ernähre man sich nach der Diät wieder normal, hole sich der Körper alles zurück, was ihm zuvor gefehlt habe. Auch die Ernährungsberaterin bestätigt, dass Kuren kontraproduktiv sein können. «Es gibt viele, die nach einer Kur Stoffwechselprobleme bekommen und dadurch sogar mehr zunehmen, als sie zuvor abgenommen haben», sagt Rebecca Glauser. Diese Folgen könnten auch erst lange nach der Kur zum Vorschein kommen.

Gallensteine als Komplikation

Rebecca Glauser stellt fest, dass viele während einer Saftkur vor allem Muskeln abbauen, statt Fett verlieren. Vor allem für ältere Personen sei es gefährlich, während einer Saftkur auf wichtige Proteine zu verzichten, findet auch der Facharzt. «Durch den Eiweissmangel wird die Muskulatur abgebaut, welche aufs Alter hin extrem wichtig für den Gesundheitszustand ist», sagt Bernd Schultes. Im schlimmsten Fall könne man laut dem Facharzt während einer Fastenkur Gallensteine oder eine Bauchspeicheldrüsen-Entzündung entwickeln.

«Würde von Saftkur abraten»

«Ich würde eher von einer Saftkur abraten», bilanziert Bernd Schultes, auch wenn es bei jüngeren, gesunden Personen selten Komplikationen gebe. «Wenn, dann würde ich mich für eine Formula-Diät, bei der manche Mahlzeiten durch Drinks ersetzt werden, entscheiden.» Aber auch bei dieser sei es sinnvoll, einen Arzt beizuziehen. Kuren, bei denen man überhaupt keine Nahrung mehr zu sich nimmt, empfiehlt der Arzt nicht.

«Kur ja, nur Fruchtsaft trinken nein»

Ernährungsberaterin Rebecca Glauser setzt im Gegensatz dazu sehr wohl auf eine Kur, bei der man nur trinkt. Fruchtsäfte seien dafür aber nicht geeignet. «Eine Kur, bei der man nur Fruchtsäfte oder selbst gemixte Smoothies trinkt, ist grundsätzlich nicht empfehlenswert. Während diesen Kuren nimmt man viel zu viel Fruchtzucker zu sich, ausserdem fehlt dem Körper das Salz.» Die Expertin empfiehlt eine Entschlackungsur, bei der man vor allem auf Ruhe setzt. «Wenn man entschlacken will, sollte man dabei viel Ruhe haben und meditieren. Dabei kann man auch seinen Geist befreien. Als ‹Nahrung› empfehle ich eine sehr leichte Gemüsesuppe, da diese gut für den Salzhaushalt ist. Ausserdem sollte man Einläufe, Ruhephasen und Nieren- oder Leberwickel einbauen, damit sich der Körper wirklich reinigen kann», sagt sie. Eine solche Kur hat sie selbst auch schon ausprobiert. «Ich habe aber gemerkt, dass mir das nicht so gut tut, deshalb mache ich das kaum mehr.»

Gesunde Ernährung ist vorzuziehen

Man sollte also genau auf seinen Körper hören, wenn man sich einer Saftkur unterzieht. Die Zitronensaft-Kur, die unsere Redaktion durchgemacht hat, ist aus der Sicht von Rebecca Glauser gesund. Die Zitrone sei desinfizierend, so können Organe wie die Leber, die Nieren und der Darm entlastet werden. Statt ständigen Kuren empfiehlt die Expertin aber, die Ernährung konstant umzustellen. «Man sollte sich dauerhaft gesund ernähren und dies in einem guten Säuren-Basen-Verhältnis. Hält man sich daran, hat es der Körper gar nicht nötig, zu entschlacken», meint Rebecca Glauser.

veröffentlicht: 10. Januar 2017 13:35
aktualisiert: 10. Januar 2017 13:35
Quelle: lag/enf

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