Wirtschaft

«Forever 21» soll Schafe ausbeuten

«Forever 21» soll Schafe ausbeuten

· Online seit 21.11.2018, 12:59 Uhr
Um im Winter nicht frieren zu müssen, ziehen wir gerne kuschlige Klamotten aus Wolle an. Die Wollindustrie steht allerdings in der Kritik. Der Tierschutzverein Peta hat zwei verstörende Videos einer australischen Schafzucht veröffentlicht, zu deren Abnehmern auch der US-Moderiese «Forever 21» gehören soll.
Christoph Thurnherr
Anzeige

Nichts für schwache Nerven: Die Schafe liegen rücklings auf einer Metallkonstruktion. Sie sind fixiert, können sich nicht rühren - nur schreien. Und sie schreien fürchterlich, wenn ihnen die Arbeiter mit heissen Messern den Schwanz abschneiden und ausbrennen. Wenn sie sich nicht fügen und zappeln, schlagen ihnen die Arbeiter die Scheren ins Gesicht, werfen die Schafe hin- und her - und schneiden ihnen laut Peta ohne Betäubung die Kehlen durch. Die neuen Videos der Tierschutzorganisation sind geradezu blutrünstig und sollen die Vorgehensweise verschiedener australischer Schafwollfarmen zeigen. Vor allem die amerikanische Modekette «Forever 21» soll  Kleidung aus Qualzucht verkaufen. Peta ruft deshalb zum Boykott des Modehauses auf.

Übliche Vorgehensweise

Der im Video gezeigte Umgang mit den Schafen stellt laut Peta keine Ausnahme dar. Beim in Neuseeland verbotenen «Mulesing» werden den Schafen ganze Fleischstücke vom Hinterteil abgeschnitten. Dort soll besonders glatte Haut nachwachsen - die in Australien verbreiteten Merino-Schafe haben durch die Zucht sonst nämlich eine sehr schrumpelige Haut, damit sie noch mehr Wolle produzieren. Das führt am Hinterteil aber zu Problemen, da sich in den Hautfalten Urin und Feuchtigkeit ansammeln, was wiederum Fliegen anlockt, die dort Eier legen. Sobald die Larven geschlüpft sind, beginnen sie damit, die Schafe aufzufressen. «Mulesing» soll dem entgegenwirken, erreicht aber laut Peta das genaue Gegenteil. Viele Schafe bekommen dadurch Infektionen und die Fliegen stürzen sich genauso gern auf offene Wunden. «Mulesing» soll laut der Tierschutzvereinigung bei über 90 Prozent der australischen Schafe angewandt werden. Das Land ist der weltweit grösste Produzent von Schafwolle und deckt einen Viertel der Nachfrage.

Bereits elfte «Forever 21»-Enthüllung

«Forever 21» ist global gesehen ein echtes Schwergewicht, weswegen sich der Boykott-Aufruf der Peta auch speziell gegen den Moderiesen richtet. Auf der deutschsprachigen Website heisst es unter anderem: «Wusstest du schon, dass… Forever 21 der fünftgrößte Fachhändler in den USA ist?» Und dieser Fachhändler scheint einzig über den Preis gesteuert zu sein. Im Onlineshop findet sich in der Kategorie Frauenkleider nur ein einziges Produkt, das mehr als 70 Euro kostet. Eine möglichst kostengünstige Produktion ist somit zentral. Die beiden von Peta veröffentlichten Videos sind bereits die Enthüllungen Nummer zehn und elf der Peta im Zusammenhang mit «Forever 21».  Das Unternehmen will davon nichts wissen und betont auf der Website die eigene soziale Verantwortung und führt unterstützte wohltätige Programme auf – darunter die Organisation «ASPCA» gegen die Misshandlung von Tieren.

Natürlich müssen solche Enthüllungsvideos jeweils mit einer gewissen Distanz betrachtet und kritisch hinterfragt werden. Die Tierschutzorganisation Peta ist selbst umstritten und bewegt sich oftmals  im rechtlichen Graubereich. Klar ist jedoch, dass derartige Qualzucht oft vorkommt - und wenn die Vorwürfe gegenüber «Forever 21» stimmen und sie von den Misshandlungen wissen, hinterlassen wohltätige Bekundungen einen mehr als fahlen Nachgeschmack.

(thc)

veröffentlicht: 21. November 2018 12:59
aktualisiert: 21. November 2018 12:59

Anzeige
Anzeige