Kantonspolizei chattet mit Betrügerin

· Online seit 13.08.2018, 16:12 Uhr
Dieses Vorgehen ist selten: Die Kantonspolizei Thurgau lässt sich auf eine Betrügerin aus Spanien ein, die Geld in die Schweiz bringen will. Das alles hat einen präventiven Charakter.
Lara Abderhalden
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«Liebe, wie geht es mit der Familie», so beginnt das E-Mail, welches die Kantonspolizei Thurgau von einer Lorena Elonso vor ein paar Tagen erhielt. «Ich bin Frau Lorena Elonso, aus Spanien schreibe ich, um sie über meine Absicht zu beziehen, mein Geld (3,5 Millionen Euro) für Wohltätigkeitsarbeit in ihrem Land zu verwenden.» Obwohl für die Polizei schon von Anfang an klar war, dass es sich hierbei um eine Betrüger-E-Mail handelt, beschloss die Kapo Thurgau, dieser Frau Elonso zu antworten und den E-Mail-Verkehr auf Facebook zu teilen.

Sie kennen sie alle. Mails von afrikanischen Prinzen, spanischen Lotterien oder amerikanischen Anwälten, die sie mit...

Gepostet von Kantonspolizei Thurgau am Freitag, 10. August 2018

Unter falschem Namen kontaktiert

«Es war eine spontane Idee», sagt Daniel Meili von der Kantonspolizei Thurgau. «Wir rufen immer überall dazu auf, nicht auf solche E-Mails zu reagieren, sondern sie gleich zu löschen. Wir haben uns nun überlegt, wie es ist, bei so einem Betrug mitzumachen.»

Gesagt, getan. Die Kantonspolizei antwortete Lorena Elonso: «Wir haben dafür ein E-Mail-Konto bei einem kostenlosen Anbieter eingerichtet und Lorena unter dem Namen Hans Muster zurück geschrieben», sagt Meili. Ein besserer Name sei ihnen spontan nicht in den Sinn gekommen.

Doch auch der einfache Name Hans Muster funktionierte: Lorena Elonso schrieb fleissig zurück. «Wir lernen Lorena nun langsam kennen. Sie ist ganz eine Arme, liegt im Spital und ihr Mann ist gestorben. Sie will nun ihr Geld in die Schweiz bringen», hat die Kantonspolizei aus dem E-Mail-Verkehr erfahren. «Wir spielen so gut es geht mit, versuchen aber auch, die gute Frau ins Lächerliche zu ziehen mit dem Hintergrund, aufzuzeigen, wie Betrüger arbeiten und funktionieren.»

Vorschussbetrug vermutet

Herausfinden, wer hinter dieser Lorena steckt, könne die Polizei nicht: «Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Die Gauner können sich sehr gut verschleiern und wissen, wie sie vorgehen müssen, damit sie nicht entdeckt werden», sagt Meili. Es gehe darum mit dem Veröffentlichen der E-Mails den Leuten zu zeigen, wie sie sich vor Betrüger schützen können.

Gefährlich sei dieser E-Mail-Kontakt  nicht: «Wir agieren mit falschen Angaben, ausserdem befinden sich die Betrüger nicht in der Nähe. Die sitzen meistens weit im Ausland in Afrika oder Osteuropa.» Das Ziel der Kantonspolizei Thurgau ist es, die Betrügerin so weit zu bringen, dass sie Geld von der Polizei verlangt: «Wir vermuten einen Vorschussbetrug. Dabei wird mit einem Haufen Geld gelockt. Wenn das Geld bereit ist, verlangen die Betrüger, dass die Opfer die Bankspesen zahlen und dafür Geld vorschiessen. Unser Ziel ist es, bis zu diesem Punkt zu kommen.»

Einmaliges Experiment

Die Kantonspolizei Thurgau hofft, dass sich der E-Mail-Verkehr herum spricht und sich so die Leute gegenseitig warnen. Für die Polizei wird es eine einmalige Aktion bleiben: «Es ist definitiv eine Ausnahme. Wir werden künftig nicht alle Spammails beantworten. Es ist ein einmaliges Experiment, dass die Leute unterhalten und die Masche der Betrüger aufzeigen soll.»

Das letze E-Mail, das die Polizei Lorena geschickt hat, behinhaltet eine Adresse und die Handynummer von Daniel Meili. Damit befolgt die Polizei die Forderungen von Lorena. «Die Nummer ist echt», sagt Daniel Meili. Bis jetzt habe sich Lorena aber nicht gemeldet.

veröffentlicht: 13. August 2018 16:12
aktualisiert: 13. August 2018 16:12
Quelle: abl

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