Kein Jahr war so schlimm

· Online seit 27.11.2018, 22:00 Uhr
Uns geht es doch ziemlich gut. Mindestens im Vergleich zu früher. Wissenschaftler haben ermittelt, welches das «schlimmste Jahr der Menschheit» war.
René Rödiger
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Der Bus und der Zug am Morgen sind wieder völlig überfüllt, der Zmittag nicht warm und schon Mitte Monat hat es kein Geld mehr auf dem Konto. Es gibt Hungersnöte, Waldbrände und Kriege. Da könnte man schon mal zum Schluss kommen, dass wir in einer ziemlich schlimmen Zeit leben.

Doch weit gefehlt! Zumindest wenn man einer neuen Studie Glauben schenkt. Historiker haben das genaue Jahr ermittelt, das als schlimmstes in die Geschichte eingegangen ist.

Zufällig auf das «schlimmste Jahr» gestossen

Nein, es ist nicht 1349, als halb Europa Opfer der Pest wurde, es ist auch nicht irgendwann zwischen 1550 und 1650, als bis zu 60'000 Frauen Opfer der Hexenverfolgung geworden sind. Es ist: 536.

Der Historiker Michael McCormick von der Harvard University hat das herausgefunden, als er zu einem komplett anderen Thema forschte. «Es war der Beginn einer der schlimmsten Perioden, wenn nicht gar das schlimmste Jahr», sagt er gegenüber «Science».

Ein mysteriöser Nebel bedeckte ganz Europa, den Mittleren Osten und Teile Asiens. 18 Monate lang warteten die Menschen vergebens auf Sonnenschein. Der byzantinische Historiker Procopius schrieb: «Die Sonne gab ihr Licht ohne Helligkeit ab, wie der Mond, für ein ganzes Jahr.»

Vulkanausbrüche und Kälteperiode

Die Temperatur auf der Erde sank um 1,5 bis 2,5 Grad Celsius, in China fiel im Sommer Schnee. Ernten sind ausgefallen, die Menschen hungerten. In den Geschichtsbüchern jener Zeit ist die Rede von «Brot-freien Jahren von 536 bis 539».

Unter den Historikern ist schon länger bekannt, dass die Frühgeschichte eher übel war. Lange Zeit wusste man jedoch nicht, woher der mysteriöse Nebel kam. Und hier kommt die Schweiz ins Spiel. McCormick hat zusammen mit dem Forscher Paul Mayewski das Eis in 72 Metern Tiefe des Colle Gnifetti (beim Gornergletscher) analysiert. So kamen sie einem riesigen Vulkanausbruch in Island im Jahr 536 auf die Spur, der wohl den Himmel verdunkelt hatte.

In den Jahren 540 und 547 gab es weitere grosse Vulkanausbrüche, die eine Pest zur Folge hatten und die Wirtschaft in Europa bis 640 beinahe zum Erliegen brachte. Das war übrigens auch das ursprüngliche Forschungsgebiet McCormicks.

veröffentlicht: 27. November 2018 22:00
aktualisiert: 27. November 2018 22:00
Quelle: rr

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