Konservativer Mitsotakis vereidigt - Griechenland mit neuem Premier

08.07.2019, 19:10 Uhr
· Online seit 08.07.2019, 16:11 Uhr
Nur einen Tag nach dem Wahlsieg der bürgerlichen Partei Nea Dimokratia (ND) ist der konservative Parteichef Kyriakos Mitsotakis als neuer Ministerpräsident von Griechenland vereidigt worden.
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Am Montagnachmittag fand die Amtsübergabe durch den vorherigen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras statt, bereits am frühen Abend wurde die Zusammensetzung des Kabinetts veröffentlicht.

«Starkes Mandat für grosse Veränderungen» titelte am Montag die konservative griechische Tageszeitung «Kathimerini». Auch andere Zeitungen und Sender lobten die griechischen Wähler, die diesmal weitgehend gegen populistische Parteien votiert hatten. Anerkennung erhielt zudem der bisherige Ministerpräsident Alexis Tsipras, dessen Linkspartei Syriza entgegen der Prognosen von rund 27 Prozent letztlich doch auf 31,5 Prozent kam.

Zwar hat die konservative Nea Dimokratia mit knapp 40 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit im griechischen Parlament erhalten, aber Syriza sei eine ernstzunehmende Opposition, urteilten Analysten. Die Griechen hätten sich mit der Wahl der zwei Volksparteien bewusst für Stabilität entschieden und auch anerkannt, dass der bisherige Premier Tsipras in den vergangenen Krisenjahren unpopuläre Massnahmen treffen musste, für die er nun mit dem Machtverlust einen hohen politischen Preis zahlte.

EU-weit gab es viele positive Reaktionen auf die Wahl von Mitsotakis. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel liess mitteilen, sie freue sich auf eine enge, freundschaftliche Zusammenarbeit, «so wie es der deutsch-griechischen Freundschaft und Partnerschaft auch entspricht». Gleichzeitig dankte sie Tsipras und seiner Mannschaft, weil es auch in sehr herausfordernden Jahren möglich gewesen sei, eine vertrauensvolle und respektvolle Zusammenarbeit zu pflegen.

Am Sonntagabend hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan als erster internationaler Politiker dem neuen Premier Mitsotakis gratuliert. Die Beziehung zwischen den beiden Ländern ist nicht immer einfach und eines der vielen Probleme, die Mitsotakis vorfinden wird.

Neben internationalen Glückwünschen gab es auch mahnende Worte zum griechischen Regierungswechsel. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnte, Griechenland hätte noch viele Baustellen. «Der Staatsapparat ist immer noch ineffizient, die öffentliche Verwaltung funktioniert schlecht und Produktmärkte sind überreguliert», hiess es in einer Mitteilung. Das Steuersystem sei unzuverlässig, die Bürokratie überbordend, die Justiz lahm, zahllose sich widersprechende Verwaltungsvorschriften belasteten den unternehmerischen Alltag.

Investoren schrecken vor solchen Zuständen zurück, und genau das will Mitsotakis ändern. Allerdings darf er dabei wohl nicht allzu sehr auf die Solidarität der Gläubiger setzen. So warnte FDP-Aussenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff am Montag in der «Heilbronner Stimme», Athen müsse sich auch weiter eng mit der EU und den anderen Kreditgebern abstimmen. Zwar könne sich das Land dank der Hilfe der EU und des IWF heute am Kapitalmarkt wieder eigenständig finanzieren, die Schuldentilgung sei aber noch bis 2032 ausgesetzt, so dass der fiskalische Spielraum grösser wirke als er tatsächlich sei.

All das hat Mitsotakis eigenen Angaben zufolge auf dem Schirm - er will erst die griechische Wirtschaft reformieren und dann Lockerungen der Massnahmen der Gläubiger verhandeln.

veröffentlicht: 8. Juli 2019 16:11
aktualisiert: 8. Juli 2019 19:10
Quelle: SDA

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