Endgegner Onlinehandel

«Sehr emotional»: Kostümverleih Mels muss nach 65 Jahren schliessen

02.02.2023, 10:31 Uhr
· Online seit 02.02.2023, 05:52 Uhr
Auch dieses Jahr müssen für die Fasnacht wieder Kostüme her. Diese werden immer häufiger im Internet bestellt, worunter die Kostümverleihe in der Ostschweiz leiden. Ein Geschäft in Mels muss dieses Jahr nach 65 Jahren schliessen.
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Die fünfte Jahreszeit steht vor der Tür: Aktuell ist jede Woche irgendwo ein Fasnachtsfest. Höchste Zeit also, um sich das perfekte Kostüm zu organisieren. Doch statt die Verkleidung in einem Kostümverleih auszuleihen, bestellen immer mehr Leute die Ware günstig im Internet. Deswegen geht ein Kostümverleih nach dem anderen ein.

«Sehr emotional»: Kostümverleih Mels schliesst nach 65 Jahren

Bereits seit 65 Jahren gibt es Wachter Kostüme Mels, doch jetzt muss der Familienbetrieb schliessen. «Es hat sich schon länger abgezeichnet, dass viele ihre Kostüme heutzutage online kaufen. Doch es fiel uns natürlich schwer, den Verleih ganz zu schliessen. Wir sind dort aufgewachsen und das Geschäft ist mit viel Emotionen verbunden», sagt Tanja Gschwend-Rohner, Tochter der Inhaberin von Wachter Kostüme Mels.

Aufgrund der emotionalen Verbundenheit hat die Familie den Laden noch einige Jahre weitergeführt. «Das Geschäft ist im Haus meiner Grossmutter, weshalb wir dafür keine Miete bezahlen mussten. Ansonsten hätten wir schon lange schliessen müssen. Für uns war es am Schluss mehr noch ein Hobby», sagt Gschwend.

Aktuell haben sie einen grossen Ausverkauf, was offenbar gut bei den Leuten ankommt. «Seit dem ersten Tag des Ausverkaufs haben wir immer volles Haus. Die Kundinnen und Kunden kaufen teilweise zwei oder drei verschiedene Kostüme, weil sie so günstig sind.» Es mache richtig Spass, dass die Verkleidungen jetzt weggehen wie warme Weggli.

Onlinehandel auch in Mörschwil grosses Problem

Andy's Kostümverleih in Mörschwil gibt es seit dem Jahr 2020. Doch das Geschäft läuft nicht wie gewünscht. «Momentan ist erstaunlich wenig los. Im ersten Jahr 2020 ist es gelaufen wie am Schnürchen, und dann hat uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. Letztes Jahr lief es dann wieder etwas besser», sagt Alexandra Lingenhöl, Inhaberin von Andy's Kostümverlei. Auch für sie ist das Internet ein grosser Gegner. Ausserdem hat sie den Eindruck, dass jetzt weniger Menschen an die Fasnacht gehen, als vor Corona.

Kostümverleih Toggenburg bis jetzt zufrieden

Doch nicht überall ist die Lage ganz so prekär. Conny Düggelin, Inhaberin vom Kostümverleih Toggenburg in Lichtensteig, zeigt sich bis jetzt zufrieden. «Weil viele andere Kostümverleihe rundherum schliessen mussten, habe ich wieder mehr zu tun. Jedoch sehe auch ich einen Rückgang, besonders um die Fasnacht herum. Früher war ich fünf Wochen am Stück am verleihen, waschen und flicken, denn die Fasnacht war das Hauptgeschäft.» Heute hat sie während der fünften Jahreszeit gleich viel zu tun, wie in den anderen Monaten, in denen sie Kostüme für Mottopartys, Hochzeiten oder andere Feiern verleiht.

Was Düggelin am bedauerlichsten findet ist, wie viel heutzutage weggeworfen wird. «Viele Kostüme werden billig aus dem Ausland bestellt, einmal angezogen und dann weggeschmissen. Für mich ist Qualität deshalb sehr wichtig.» Ihr Geschäft könne sie nur noch betreiben, weil sie es von zuhause aus führt und keine Miete bezahlen muss.

veröffentlicht: 2. Februar 2023 05:52
aktualisiert: 2. Februar 2023 10:31
Quelle: FM1Today

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