Ostschweiz
St. Gallen

Trotz Bundesgesetz: Hälfte der St.Galler Haltestellen ist nicht barrierefrei

Gleichstellung

Trotz Bundesgesetz: Hälfte der St.Galler Haltestellen ist nicht barrierefrei

24.08.2023, 07:29 Uhr
· Online seit 24.08.2023, 05:50 Uhr
Im Kanton St.Gallen ist rund die Hälfte der Haltestellen des öffentlichen Verkehrs nicht behindertengerecht – und wird es auch bis Ende 2023 nicht sein, obwohl der Bund das seit 2004 vorschreibt. Vor allem bei Bushaltestellen stösst der Kanton oft auf Probleme.

Quelle: TVO

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Ab Anfang 2024 muss der Zugang zum öffentlichen Verkehr barrierefrei möglich sein. Diese Vorgabe macht das Behindertengleichstellungsgesetz. Allerdings wird dies im Kanton St.Gallen nicht der Fall sein. Dies teilt der Kanton mit. 

Zwar werden die Massnahmen zum barrierefreien Einstieg fahrzeugseitig fristgerecht umgesetzt sein. Auch die meisten Bahnhöfe sind bis Ende Jahr ebenfalls barrierefrei umgebaut. Dennoch wird die Hälfte der 2'500 Haltestellen im Kanton St.Gallen bis Ende Jahr nicht barrierefrei sein. Rund 900 Haltestellen, über 400 davon für den Bus, werden gar nicht erst angepasst, da sie kaum genutzt werden oder der finanzielle Aufwand zu gross ist. Auch seien die baulichen Begebenheiten teils nicht gegeben. Vor allem bei den Bushaltestellen ist der Stand der Umsetzung an Gemeinde- und Kantonsstrassen liegt wesentlich tiefer.

Verband spricht von Armutszeugnis

Beim Selbsthilfeverband für Menschen mit Behinderungen Procap St.Gallen-Appenzell-Thurgau ist man merklich enttäuscht. «Seit 20 Jahren ist bekannt, dass die Bushaltestellen auf diesen Termin hin barrierefrei sein müssten», sagt Hansueli Salzmann, Geschäftsführer des Verbands, gegenüber FM1Today. Für den Geschäftsführer ist klar: Man hat zu wenig nach vorne geschaut. Vor allem das Argument mit dem finanziellen Aufwand lässt Salzmann nicht gelten: «Die Finanzen hätten mittels Rückstellungen in den vergangenen zwei Jahrzehnten bewältigt werden können. Dass diese nun ins Feld geführt werden, halte ich für ein Armutszeugnis.»

Teilweises Verständnis und Verbesserungspotenzial

Anders ist es bei den baulichen Begebenheiten. Hier zeigt Salzmann Verständnis. «Es gibt natürlich sicher immer eine Haltestelle, bei der es vom technischen Aufwand her nicht möglich ist», sagt Salzmann. Denn der Einstieg müsse ja immer noch mit dem Rollstuhl zu bewältigen sein. An manchen Orten sei dies beispielsweise aufgrund des Gefälles gar nicht möglich. Dennoch betont Salzmann, dass der Dialog mit den Verbänden gesucht werden müsse. Teilweise würde eine Verschiebung der Haltestelle um ein paar Meter schon genügen. Aber immer machbar sei es halt nicht.

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Wo der barrierefreie Einstieg Ende Jahr nicht möglich sein wird, müssen die Transportunternehmen in die Bresche springen. Beispielweise der Fahrer oder die Fahrerin, die beim Ein- und Ausstieg helfen muss. Und auch hier sieht Salzmann noch Verbesserungspotenzial. Denn auch wenn die Haltestellen barrierefrei sei, müsse sie auch richtig angefahren werden. «Es braucht auch ein Umdenken in den Köpfen, damit die Barrierefreiheit funktionieren kann», sagt Salzmann.

Was die Busbetreiber dazu sagen und wie das Tiefbauamt argumentiert, siehst du im Video.

veröffentlicht: 24. August 2023 05:50
aktualisiert: 24. August 2023 07:29
Quelle: FM1Today

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