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Im Bischofszeller Bürgerwald wohnt der Samichlaus. Ein Besuch bei einem begnadeten Holzschnitzer

Bischofszell

Der Samichlaus aus der Oase: «Es hat Platz für zwei Frauen und mich»

07.03.2021, 17:14 Uhr
· Online seit 07.03.2021, 17:11 Uhr
Fritz Beyeler schnitzte Jahrelang Holzfiguren im Wald. Heute geht das nicht mehr – dennoch verbringt er viel Zeit in der «Chlausehütte», die er selbst wieder aufgebaut hat. Vielleicht deshalb wird er von den Kindern für den Samichlaus gehalten. Ein Besuch.

Quelle: FM1Today / TVO

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Die Hinweise verdichten sich, je näher man dem «Chlausehüsli» im Bischofszeller Bürgerwald kommt. Ein hölzerner Hase lugt aus dem Walde, ein bärtiger Mann wacht über den Pfad. Kerzen finden sich dort, genauso wie Eulen und ein Fuchs.

All diese Holzfiguren sind Werke von Fritz Beyeler. Der 75-Jährige steht vor seiner Holzhütte im Wald und winkt, als wir näher kommen. Das «Chlausehüsli» wird von einem kleinen Grundstück umgeben – inklusive Schuppen, Verschlag, Zaun und überdachtem Aussenbereich. Aus dem Schornstein zieht Rauch, es riecht nach Lagerfeuer. «Eine Oase im Bürgerwald», steht auf einem Anschlag.

Angesichts der Sonnenstrahlen, die am Morgen durch das Blätterwerk brechen und die Szene in ein unergründliches Licht tauchen, ist man geneigt, dem zuzustimmen.

Eine kühle Oase zwar, aber immer noch eine Oase. Ein friedlicher Ort.

In einem Tag saniert

Doch das Häuschen samt Umgebung machte nicht immer einen so einen einladenden Eindruck wie dieser Tage. «2007 habe ich die Hütte übernommen», sagt Beyeler, «damals war sie heruntergekommen, wir mussten sie sanieren.»

Dank der fähigen Hände von Beyeler und seiner Freunde war das eine relativ schnelle Angelegenheit. Innerhalb eines Tages war die Hütte wieder in Schuss. Und seit diesem Tag verbringt Beyeler einen guten Teil seiner Freizeit in der Hütte und ihrer Umgebung.

Sie gereichte ihm zur Basis, zur Wirkungsstätte, zum Rückzugsort. Wenn ein gemütlicher Abend zu lange für den Rückweg durch den dunklen Wald wird, kann man auch in der Hütte übernachten. Unter der Decke ist der zweite Stock, den man mit einer Leiter erreicht. «Ich sage dann immer: Es hat Platz für zwei Frauen und mich», sagt er munter.

Mehr als nur ein Hobbyschnitzer

Ursprünglich kommt Beyeler aus Luzern, lernte dort den Metzgerberuf und danach Koch, bevor er beruflich in die Ostschweiz kam und 28 Jahre in der Bischofszeller Konservenfabrik arbeitete. Die Hütte kannte er schon viele Jahre bevor er sie von der Bürgergemeinde übernehmen konnte.

Während der letzten Jahre schuf Beyeler hier hunderte Figuren aus Holz. Wie viel Zeit er darin investiert hat, kann er nicht sagen. Er winkt ab: «Ich schnitze schon seit Jahrzehnten, aber das habe ich einfach nebenbei gemacht.»

Trotzdem ist Beyeler mehr als nur ein Hobbyschnitzer. Früher habe er auf Auftragsbasis geschnitzt und seine Werke verkauft. «Vor allem Uhren. Aber heute ist das nicht mehr in Mode», sagt Beyeler. Seiner Leidenschaft kann er ohnehin nicht mehr nachgehen. Der Rücken macht nicht mehr mit.

«Diese habe ich als letzte gemacht», sagt der 75-Jährige und deutet auf zwei Eulen unten am Weg. Dass er nicht mehr Schnitzen kann, beschäftigt ihn nur mässig. Er gibt sich pragmatisch. «Es geht halt nicht mehr, was soll man da machen», sagt Beyeler.

Der Samichlaus wohnt im Bürgerwald

Doch die Hütte steht im Leben Beyelers nicht nur für seine Holzschnitzereien – auch wenn diese am besten sichtbar sind. Er hat einen ganzen Ordner über die Geschichte der Hütte angelegt. Er zeigt seine gesammelten Erinnerungen.

Seine Freunde, die mit ihm die Hütte wieder aufgebaut haben. Oder lauschige Abende vor Corona-Zeiten. «Wir haben schon zu elft hier Fondue gegessen, aber natürlich waren alle dünn!», scherzt Beyeler. Es ist schwer vorstellbar, wie elf Personen in der Hütte Platz finden sollen.

Viele Kinder aus Bischofszell dürften aber auch davon überzeugt sein, dass Fritz Beyeler der Samichlaus höchstpersönlich ist. Die Hütte im Wald passt perfekt – und sie ist ja auch als Chlause-Hüsli angeschrieben.

«Ich bekomme jedes Jahr Wunschzettel von den Kindern», sagt er. Sie werfen diese in den hölzernen Briefkasten. Früher habe er den Kindern Samichlaus-Säckchen geschickt, doch es wurden zu viele, es ging ins Geld. Und Beyeler will auch Partout nicht der Samichlaus sein: «Ich bin höchstens Knecht Ruprecht!»

Fritz Beyeler ist aber vor allem ein Mann, der in der Hütte im Wald merklich seinen Frieden gefunden hat. Unter der Woche ist er jeden Vormittag oben, seine pensionierten Freunde leisten ihm Gesellschaft. Sie trinken einen Kaffee oder auch mal einen Schnaps und plaudern.

Fritz Beyeler wohnt zwar nicht im Chlaushüsli, doch er lebt sehr wohl hier.

veröffentlicht: 7. März 2021 17:11
aktualisiert: 7. März 2021 17:14
Quelle: FM1Today

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