Steckborn

Gemeindeversammlung erzwungen: Bewegung will Bundesasylzentrum schliessen

18.12.2023, 17:30 Uhr
· Online seit 18.12.2023, 16:54 Uhr
In Steckborn hat eine Bürgerbewegung mit einem Volksbegehren eine ausserordentliche Gemeindeversammlung erzwungen. Dort soll dem Staatssekretariat für Migration (SEM) der Vertrag für eine Asylunterkunft gekündigt werden. Damit würde ein Präzedenzfall geschaffen.
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In knapp zwei Wochen sind 131 Unterschriften von stimmberechtigten Steckbornerinnen und Steckbornern gesammelt worden, schrieben die Initianten am Montag in einer Mitteilung. Stadtpräsident Roland Toleti (parteilos) bestätigte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA den Eingang des Begehrens auf Anfrage.

Gemäss Gemeindeordnung des Städtchens mit rund 4000 Einwohnern können 100 Stimmberechtigte ein Anliegen vor eine ausserordentliche Gemeindeversammlung bringen. Dort soll nun über die Kündigung des Vertrags zwischen der Gemeinde und dem SEM abgestimmt und so die unterirdische Asylunterkunft mit rund 200 Plätzen geschlossen werden.

Kantonspolizei widerspricht den Vorwürfen

Gewisse Kreise der Bevölkerung wehren sich seit Monaten gegen die Unterbringung der Asylsuchenden im Ort. In einer früheren Medienmitteilung schrieb die Bürgerbewegung, das Leben in der Kleinstadt sei aufgrund der Asylunterkunft massiv gestört. Nacht-, Sonntags- und Mittagsruhe würden nicht eingehalten. Hinzu kämen etwa Hausfriedensbruch, Diebstähle, Bedrohungen und Belästigungen, Raufhandel, Verrichtung der Notdurft und Trunkenheit in der Öffentlichkeit.

Dem widersprach die Polizei. «Aus statistischer Sicht, basierend auf Fällen mit ermittelter Täterschaft, gibt es für die Kantonspolizei Thurgau keine Hinweise darauf, dass sich die Asylunterkunft nachteilig auf die Sicherheitslage in Steckborn auswirkt», erklärte Andy Theler, Chef Kommunikation.

Im Verlauf dieses Jahres verzeichnete die Kantonspolizei bisher elf Interventionen, die in direktem Zusammenhang mit Bewohnern des Asylzentrums Steckborn standen. Dabei habe es sich zumeist um Unstimmigkeiten zwischen Bewohnern der Unterkunft gehandelt.

Besorgnis bei Bund und Kanton

Stadtpräsident Toleti distanzierte sich von den Plänen, den Vertrag mit dem SEM zu künden. Das sei keine Lösung und moralisch wie ethisch nicht vertretbar. Die Frage müsse nun innerhalb von zwei Monaten an einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung geklärt werden. Ende Februar könnte der Vertrag mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden.

Das würde einen Präzedenzfall schaffen, sagte die Thurgauer SP-Justizdirektorin Cornelia Komposch. Sie sprach von einer «Entsolidarisierung». Falls eine örtliche Bürgerbewegung auf diese Weise eine Asylunterkunft des Bundes schliesse, könne das andernorts ebenfalls Widerstands auslösen. Das SEM habe ihr gegenüber Besorgnis geäussert.

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Lange stand die Unterkunft leer

Der Bund mietete die Zivilschutzanlage in Steckborn 2016 als temporäre Notunterkunft bei angespannten Flüchtlingssituationen. Lange stand sie leer. Mit dem Krieg in der Ukraine wurde 2022 die Anlage belegt.

Heute sind geflüchtete Menschen aus weiteren Ländern mit laufendem Asylverfahren teils für mehrere Wochen in Steckborn untergebracht.

(sda/red.)

veröffentlicht: 18. Dezember 2023 16:54
aktualisiert: 18. Dezember 2023 17:30
Quelle: FM1Today

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