Ostschweiz

#ScheissMoment: Der Outdoor-Knigge für den Alpstein

Provokative Kampagne

«Wenn scheissen, dann richtig» – so geht Notdurft in der Natur

· Online seit 07.06.2024, 18:13 Uhr
Überall sein Geschäft erledigen, kann für die Natur böse enden, wenn man sich nicht an den Outdoor-Knigge hält. Was bleibt, sind liegengelassene Taschentücher, die nicht nur der Idylle sondern auch der Natur schaden. Eine neue Kampagne soll nun auf witzige Art zeigen, wie es richtig geht.
Anzeige

Die Blase drückt oder das grosse Geschäft ruft – und das beim Wandern inmitten der Schweizer Alpen? Ein klarer Fall für Hose runter und laufen lassen. Doch dies sorgt für trübe Gesichter, denn Hand aufs Herz: Wer freut sich auf verstreute Taschentücher in der Natur?

Denn Taschentücher in der Natur sind ein No-Go und damit soll endlich Schluss sein. Der Verband Schweizer Wanderwege und der Schweizer Alpen-Club SAC setzen sich mit einer neuen Sensibilisierungskampagne auf Social-Media nun dafür ein. Sie trägt den Namen #ScheissMoment:

«Wir wollen mit einer etwas provokativen Botschaft die Aufmerksamkeit der Menschen gewinnen. Es soll nicht eklig sein, sondern wir wollen das Kind beim Namen nennen. Die Wanderer sollen die Konsequenzen in der Natur verstehen», erklärt Vera In-Albon, Verantwortliche digitale Kommunikation Verband Schweizer Wanderwege. Denn bei einer provokativen Botschaft kann es durchaus sein, dass man zweimal hinschaut.

Auch im Alpstein boomen die weissen Tücher 

Dass das Verhalten gegenüber der Natur auch in der Ostschweiz eher despektierlich sei, beobachtet auch Fabian Anthamatten, Mitglied der SAC Sektion Säntis: «Neben den Wanderspots im Alpstein sind auch Kletter-, Grill- und Badeplätze stark betroffen. Die Natur ist deshalb auf den Beitrag jedes Einzelnen angewiesen.»

So bezeichnet er die Kampagne als durchaus sinnvoll: «Sie erfüllt sicherlich den Zweck der Sensibilisierung, ist mir aber sachlich etwas zu wenig konsequent. Denn die Gefahr lauert dann: Wer genau in jenem Moment so dringend muss, dass es nicht bis zur nächsten Toilette reicht, betrachtet das Vorgehen mit ‹wegen diesem einen Mal› als weniger wichtig.»

«Man kann schon auch in freier Natur, aber halt richtig»

Deshalb muss die Problematik in der Natur offensichtlich dargestellt werden: «Es dauert bis zu fünf Jahren, bis sich Taschentücher zersetzen. Auch Bergseen oder Bäche sollte man nicht als Toiletten missbrauchen.» Denn durch Schadstoffe oder Rückstände von Arzneimitteln in den Ausscheidungen können die Gewässer verunreinigt und die darin wohnenden Lebewesen beeinträchtigt werden, erklärt Lucie Wiget vom Schweizer Alpen-Club SAC, Fachspezialistin für naturverträglichen Bergsport.

Und wenn das grosse oder kleine Geschäft doch plötzlich ruft, trotz WC-Stopp vor dem Abmarsch, dann sollte man sich wenigstens an einige Regeln halten: «Wem es nicht mehr bis zum nächsten WC reicht, wählt ein stilles Örtchen abseits des Weges. Man gräbt sich ein Loch, welches als natürliche WC-Schüssel dient. Sein Geschäft kann man danach mit Erde oder Steinen zuschütten», ergänzt Wiget. Dabei sollte man die Notdurft immer mit einem Abstand von mindestens 50 Metern zum nächsten Gewässer verrichten.

Achtung: Die Taschentücher und sonstige Hygieneartikel verschwinden im mitgebrachten Plastiksäckchen. Vom Verbrennen von Taschentücher wird wegen drohenden Waldbränden abgeraten.

«Wir müssen mit der Zeit gehen»

Die Kampagne ist laut Wiget auf die aktuelle Jugendsprache ausgerichtet: «Wir müssen unbedingt die jungen Leute damit erreichen, denn sie sind unsere Zukunft.» Deshalb setzen die beiden Outdoor-Organisationen auf kurze und direkte Kommunikation.

Es sind die realen Situationen, die die beiden Outdoor-Organisationen anhand der Social-Media-Kampagne aufzeigen wollen. «Wir veranschaulichen anhand von drei Kurzvideos, dass man es eben auch falsch machen kann und diese Szenarien nennen wir dann ‹ScheissMoment›», erklärt In-Albon. So können die Leute auf der Homepage nachschauen, wie es dann richtig geht.

Damit die Kampagne in der Region Anklang findet, müssen die Wanderer aktiv werden. Denn die Aktion funktioniert, wenn die Hashtags «ScheissMoment» oder auch «KeinScheissMoment» von den Social-Media-Nutzerinnen und -Nutzern verwendet werden. «Wir haben noch nie mit Hashtags auf diese Weise kommuniziert. Deshalb sehen wir es als ein Probelauf. Wir möchten sehen, wie die Kampagne ankommt. Als nächsten Schritt können wir uns vorstellen, die Idee auszubauen», sagt In-Albon.

Scan den QR-Code

Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.

veröffentlicht: 7. Juni 2024 18:13
aktualisiert: 7. Juni 2024 18:13
Quelle: FM1Today

Anzeige
Anzeige