Schweiz

Vorstoss der Bewegung "Reformen jetzt".

Sonderregel für die Schweiz

«Schlussendlich entscheidet der Papst» – St.Galler Reformbewegung will Zölibat abschaffen

· Online seit 23.02.2024, 07:44 Uhr
Die kirchenpolitische Bewegung «Reformen jetzt» fordert in einem Vorstoss die Aufhebung des Pflichtzölibats. In einem Brief an die oberste katholische Kirche Schweiz fordert die Bewegung diese heraus, ein Sonderabkommen für die Schweiz in Rom zu verhandeln.
Linda Hans
Anzeige

Heiraten, Kinderkriegen, Sex – das ist katholischen Priestern verboten. Zumindest noch. Geht es nach der Bewegung «Reformen jetzt», soll die Zölibatspflicht abgeschafft werden, wie sie in einer Mitteilung vom Donnerstag schreibt.

Was erreicht werden soll

Im Vorstoss fordert die Bewegung die Schweizer Bischöfe dazu auf, mit Nachdruck ein Sonderabkommen in Rom zu verhandelt, welches angehende und bereits geweihte Priester von der lebenslangen Zölibatsverpflichtung entbindet. Ein Sonderabkommen für die Schweiz wäre möglich, da Papst Franziskus regionale Sonderbestimmungen zulassen kann. Dies ist wichtig, um den kulturellen Differenzen der Weltkirche gerecht zu werden.

Zusätzlich fordert die Bewegung «Reformen jetzt» von den Schweizer Bischöfen auch einen fairen und gleichberechtigten Umgang mit Ex-Priestern, welcher schweizweit gleich gehandhabt wird. Ausserdem sollen Ex-Priester die gleichen beruflichen Möglichkeiten erhalten, wie ungeweihte Seelsorgerinnen und Seelsorger.

Die staatskirchenrechtlichen Organe sollen dabei ihre Verantwortung gegenüber dem kirchlichen Personal ernst nehmen und mit den genannten Schritten mit Nachdruck Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung einfordern. Gemäss Keystone-SDA liegt der Vorstoss der Leitung der katholischen Kirche der Schweiz vor und es wird eine Antwort bis Mitte August 2024 erwartet.

Warum eine Aufhebung der Zölibatspflicht wichtig ist

Gemäss «Reformen jetzt» geht in der Schweiz seit Jahren die Anzahl Männer, welche sich zum Priester weihen lassen, massiv zurück. Dafür sei unter anderem die lebenslängliche Zölibatspflicht verantwortlich.

Dass nicht ein allgemeiner Rückgang der Religiosität allein für den Rückgang verantwortlich ist, zeige sich daran, dass interessierte Personen sich aufgrund des diskriminierenden Ausschlusses von Frauen oder der Verpflichtung zum Zölibat gegen den Berufsweg entscheiden.

Für die römisch-katholische Kirche sei der Wechsel zu einem freiwilligen Zölibat bereits seit langem dringend nötig. Da immer wieder Priester nach längerer Zeit merken, dass sie das Zölibat nicht lebenslänglich ausführen können. Viele hätten aber gemäss der Bewegung Angst vor der Laisierung, da sie Angst vor finanziellen Perspektivlosigkeit oder gesellschaftlicher Stigmatisierung haben. Wenn die betroffenen Priester dann aufgrund dieser Ängste im Amt bleiben, könne dies im schlimmsten Fall zu einem Verhalten führen, welches ihnen selbst und anderen Menschen schaden könnte.

Wie steht es um die Chancen des Vorstosses

Jacqueline Straub, katholische Theologin und Journalistin beim Online-Portal kath.ch, unterstützt die Forderung: «Ich finde es gut, dass Reformgruppierungen so etwas machen und Themen anstossen.» Grundsätzlich sei das Zölibat auch sehr schnell änderbar. Die Zölibatspflicht aufzuheben, wäre gemäss Straub durch eine Anpassung an das Kirchenrecht möglich. Dies wäre an sich nicht aufwendig, aber die Frage sei, ob Papst Franziskus schon bereit ist, dies zu ändern.

Laut der Theologin sei das Anliegen der Aufhebung der Zölibatspflicht aber auch in anderen Ländern aktuell. Auch belgische Bischöfe hätten kürzlich für ein freiwilliges Zölibat plädiert und auch Kardinal Hollerich aus Luxemburg unterstütze diese Idee. Bereits 2019 hätten sich während der Amazonassynode 80 Prozent der lateinamerikanischen Bischöfe für eine Lockerung des Zölibats ausgesprochen.

Wie Straub sagt, kommt die Forderung nach einer Öffnung des Zölibats aus verschiedenen Ecken der Welt immer mal wieder. Daher sei es gut, wenn auch von Reformgruppen aus der Schweiz solche Forderungen kommen. Je mehr Gebiete sich dafür einsetzen, desto sichtbarer werde der Handlungsbedarf in Rom.

Da Papst Franziskus laut der Theologin ein Fan von dezentralen Lösungen ist, kann sie sich gut vorstellen, dass ein Sonderabkommen für die Schweiz möglich wäre. Dass die Stimmen aus St.Gallen in Rom auch gehört werden, sei nicht sicher: «Politik wird in Rom gemacht und schlussendlich entscheidet der Papst.»

Scan den QR-Code

Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.

veröffentlicht: 23. Februar 2024 07:44
aktualisiert: 23. Februar 2024 07:44
Quelle: FM1Today

Anzeige
Anzeige