HC Thurgau

Halber Verwaltungsrat kündigt: «Wir gehen mit zwei weinenden Augen»

07.03.2020, 19:18 Uhr
· Online seit 06.03.2020, 15:55 Uhr
Knall beim HC Thurgau: Der Verwaltungsratspräsident Hansjörg Stahel sowie drei weitere Verwaltungsräte und der Geschäftsführer treten per Ende April zurück. Als Grund geben sie «unüberbrückbare Differenzen» an.
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Interessenskonflikte und unüberbrückbare Differenzen – das sind die Gründe, die Hansjörg Stahel, Verwaltungsratspräsident des HC Thurgau, drei weitere Verwaltungsräte und der Geschäftsführer für ihren Rücktritt angeben. Stahel sowie die Verwaltungsräte Max Hinterberger, Kurz Tanner, Raphael Meister und der Geschäftsführer Martin Büsser werden per Ende Geschäftsjahr, am 30. April, zurücktreten. 

Quelle: TVO

Die verbleibenden Verwaltungsräte machen sich jetzt auf die Suche nach geeigneten Nachfolgern, heisst es in einer Mitteilung, und diese voraussichtlich an der kommenden Generalversammlung präsentieren. Der Verwaltungsratspräsident Hansjörg Stahel war für eine Stellungnahme telefonisch erreichbar.

Herr Stahel, auf der Webseite des HC Thurgau sind fünf Verwaltungsräte aufgeführt – mit dem Rücktritt von insgesamt vier Verwaltungsratsmitgliedern bleibt nur noch eine Person übrig.
Bis vor zwei Monaten waren wir tatsächlich nur fünf Verwaltungsräte, das änderte sich durch die Zuwahl von drei neuen Verwaltungsräten. Zurzeit sind wir acht Personen im Verwaltungsrat.

Sind diese neuen Verwaltungsratsmitglieder der Grund für die unüberbrückbaren Differenzen?
Wir haben im Verwaltungsrat während vier Jahren relativ gut gearbeitet. Wir haben den HC Thurgau sowie sportlich als auch finanziell zu einem der Spitzenclubs der Swiss League gemacht. Die Neuen, die vor ein paar Monaten dazu gekommen sind, haben teilweise andere Ansichten darüber, wie ein Club zu führen ist. Sie haben das Gefühl, sie müssten das besser machen. Wir haben monatelang probiert, die Neuen zu integrieren und mit ihnen zusammen zu arbeiten und mussten jetzt feststellen, dass es mehrere Intrigen gab. Wir mussten die Konsequenzen ziehen. Jetzt folgt ein neuer Abschnitt und wir werden sehen, wie es weitergeht.

Können Sie sagen, wer diese neuen Verwaltungsratsmitglieder sind?
Namentlich möchte ich sie nicht erwähnen. Es sind zwei wichtige Sponsoren, die dem Club sehr viel Geld bringen, aber dadurch auch erwarten, sehr viel mitreden zu dürfen. Hinzu kommt ein ehemaliger Spieler. Bei diesem sind wir aber sehr froh, dass er dabei ist und noch etwas Eishockey-Wissen einbringt. 

Wie kam es dazu, dass diese aufgenommen wurden?
Die haben gesehen, dass es beim HC Thurgau gut läuft und wollten auch mitreden. Wir hatten jahrelang einen Verwaltungsrat, der sich gegenseitig vertraut, unterstützt und wertschätzt. In den letzten zwei Monaten haben wir gemerkt, dass diese Ausgangslage nicht mehr da ist.

Fünf Personen haben demnach ihren Rücktritt wegen zwei Personen verkündet. Ist das nicht unverhältnismässig? Wäre es nicht naheliegender, wenn die beiden Sponsoren gehen müssten?
Naheliegender schon. Das war aber von ihrer Seite aus kein Thema.

Also haben Sie das Gespräch gesucht?
Selbstverständlich haben wir versucht, aufeinander zuzugehen. Der Ursprung der Differenzen war ein Verwaltungsratsentscheid über eine Personalie vor einem Jahr, den die Sponsoren gekippt haben. Für uns geht es zu weit, wenn Sponsoren einen so grossen Druck ausüben können, dass ein Verwaltungsratsentscheid gekippt werden kann. Wir haben versucht, die Leute im Verwaltungsrat zu integrieren, aber es ist nicht besser geworden.

Wollen Sie mit den Kündigungen ein Zeichen setzen?
Das kann man schon so sagen, ja.

Wie wurden die Spieler und Trainer informiert?
Es war alles ziemlich kurzfristig. Wir haben die Mannschaft heute Freitagmittag informiert. Es war eine gewisse Trauer zu spüren, schliesslich sind wir in den vergangenen vier bis fünf Jahren relativ nahe zusammengewachsen. Sportlich muss es aber weitergehen, das sind alles Profis. Uns war es sehr wichtig, dass die Verträge mit dem Trainer-Duo verlängert werden konnten, bevor es zum Eklat kommt. Ich denke, sportlich wird es weitergehen.

War es euch abtretenden Verwaltungsräte wichtig, mit dem Trainer-Duo zumindest in der nächsten Saison eine gewisse Konstante zu behalten?
Ja, das war uns sehr wichtig. Der HC Thurgau liegt uns nach wie vor am Herzen. Weitere Konstanz sollen Raphael Ott, der neue Verwaltungsrat und ehemalige Spieler, und Thomas Müller, einer vom ursprünglichen Verwaltungsrat, bringen. Wir hoffen, dass sie so weitermachen, wie wir angefangen haben.

Es schmerzt vermutlich schon, wenn man so viele Jahre mit dabei ist und dann so abtreten muss.
Natürlich tut das weh und es gibt da so eine Floskel, die habe ich heute den Spielern schon gesagt: Man sagt immer, man gehe mit einem weinenden und einem lachenden Auge, wir aber gehen mit zwei weinenden Augen.

Welche Beziehung werden Sie ab jetzt zum HC Thurgau haben?
Wir sind alle Hockey-Fans und das kann man nicht einfach ablegen. Wie werden Fans bleiben und den HC Thurgau zumindest moralisch weiterhin unterstützen.

veröffentlicht: 6. März 2020 15:55
aktualisiert: 7. März 2020 19:18
Quelle: FM1Today

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