Namen sind bei den Japanern alles andere als Schall und Rauch. Nicht zufällig trägt Toyotas erster Serien-Brennstoffzeller den Namen «Mirai». Was für «Zukunft» steht. Die möglicherweise zukünftige Technologie des lokal emissionsfreien Elektroantriebs - aus Wasserstoff wird an Bord Strom als treibende Kraft erzeugt - wirkt im kompakten Japaner ausgereift. Und wie bereits in Prototypen und Kleinserienmodellen erfahren, erfordert der Umgang keine Umstellung in der Handhabung. Auch der Mirai ist ein «ganz normales» Auto, was die Bedienerführung und die Ausstattung betrifft.
Von 0 auf 100 in 9,6 Sekunden
Die Leistungsentfaltung ist, elektromotor-typisch, spontan, und mit 155 PS Spitzenleistung (Maximal-Drehmoment: 335 Nm) soll er es auf die 178-Stundenkilometer-Spitze treiben können. Dieser Top-Speed des fahrwerksseitig kommod, doch nicht zu weich abgestimmten Fronttrieblers reicht weit über das hinaus was erlaubt ist, selbst wenn der 0-auf-100-Sprintwert von 9,6 Sekunden nicht top-sportlich wirkt. Dafür soll er es auf eine Reichweite von rund 500 Kilometern bringen. Er ist in drei, vier Minuten mit fünf Kilogramm Wasserstoff vollgetankt. Unter Hochdruck: Mit 700 Bar wird das komprimierte flüchtige Element in den Doppeltank gepresst.
Damit man's auf einer entsprechenden Fahr-Etappe gemütlich und bequem hat, ist die Interieur-Einrichtung recht nobel angelegt, mit Details wie Lederbezügen und Heizung auf allen Sitzplätzen. Die Akustik verblüfft. Kaum ein Fahrtwind-Säuseln dringt ins Interieur, das Singen des E-Antriebs ist wie ein fernes Echo, auch von der Arbeit der Stromproduktion bekommt man akustisch kaum etwas mit. Man säuselt über Landstrassen, Autobahnen und durch den Rush-Hour-Stau, denn an der Geräuschdämmung wurde ganze Arbeit geleistet: die Scheiben sind doppelt verglast.
Der Mirai sorgt für Aufmerksamkeit
Was allerdings dazu beiträgt, dass der 4,89 Meter lange Viersitzer mit 2,78 Metern Radstand alles andere als ein Leichtgewicht ist. Er bringt's auf ab 1850 Kilo. Akkus, Brennstoffzelle, E-Aggregat und Tanks (zwei à 2,5 Kilogramm Volumen, im Sinne der Sicherheit mit Kohlefaser ummantelt) summieren sich. Das macht sich beim Anbremsen bemerkbar und dämpft Übermut-Tendenzen in Kreisverkehren oder flotter angegangenen Landstrassen-Kurvenkombinationen.
Was besonders im Stadtverkehr auffällt ist, dass der spacig gestylte fast fünf Meter lange Brennstoffzellen-Keil mit seinen riesigen Nüstern Aufmerksamkeit erregt. Und Neugierde. Wenn er nach getaner Fahrarbeit das ausspuckt, was nach der - rauchfreien - H-Verbrennung übrig bleibt: Wasser. In seinem Heimatland hinterlässt er allerdings keine Pfütze, die japanischen Modelle sind mit einem Auffang-Reservoir ausgerüstet. Damit alles schön fleckenfrei bleibt.
Die Infrastruktur in der Schweiz fehlt noch
Das Mitbewerber-Umfeld ist noch überschaubar: Honda hat den Clarity, Hyundai hat gerade den iX35 FCEV durch den Nexo ersetzt, Mercedes verspricht einen baldigen Start des Fuel Cell-GLC. Das hat mit der aufwendigen sowie kostenintensiven Technologie zu tun, was ebenso für die Wasserstoff-Aufbereitung gilt. Und die Infrastruktur. Die ist noch sehr dünn gesät. In Europa kann man derzeit rund 250 Mal entsprechend aufbereitet Hydrogenium tanken. In der Schweiz momentan öffentlich an einer einzigen Stelle, bei Coop Mineraloel AG in Hunzenschwil. Weiters an der Versuchsanlage der Empa in Dübendorf. Bis 2023 soll es ein flächendeckendes Netz von Wasserstoff-Tankstellen geben. Sieben Unternehmen, darunter Tankstellenbetreiber sowie Coop und Migros haben zu diesem Zweck einen Förderverein gegründet. Bis dahin bleibt Mirai-Fahren ziemlich exklusiv. Auch angesichts des Preises von knapp 90'000 Franken.
(Beatrix Keckeis-Hiller)