Ostschweiz

Bauchef des Openair Frauenfeld vor Gericht

Bauchef des Openair Frauenfeld vor Gericht

· Online seit 23.09.2015, 18:12 Uhr
Das Thurgauer Obergericht hat am Mittwoch die Anklage wegen vorsätzlicher Tötung gegen den Bauchef des Frauenfelder Openair beraten. Bei einem Sturm war im Juli 2012 eine Helferin ums Leben gekommen. In erster Instanz gab es einen Freispruch. Das Urteil des Obergerichts steht noch aus.
Lara Abderhalden
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Das Unglück geschah im Juli 2012 bei den Aufräumarbeiten nach dem Openair Frauenfeld. Zu den zahlreichen Helfern gehörte eine 24-jährige Frau. Als am Nachmittag ein Unwetter mit starken Sturmböen aufkam, suchte sie in einem der grossen Zelte Schutz. Dort wurde sie von einer herumfliegenden Zeltstange getroffen und so schwer verletzt, dass sie später im Spital starb.

Vor dem Thurgauer Obergericht wurde am Mittwoch darüber verhandelt, ob jemand für den tödlichen Unfall verantwortlich gemacht werden kann. Im Zentrum stand die Frage, ob der 63-jährige Bauchef des Openairs die Helfer hätte abziehen müssen, weil die Gefährlichkeit des Unwetters voraussehbar war.

Freispruch vor Bezirksgericht

Das Bezirksgericht Frauenfeld hatte im Dezember 2014 den Bauchef und einen Studenten, der die Helfer damals anleitete, freigesprochen. Der Sturm sei nicht vorhersehbar gewesen, erklärte damals die Gerichtspräsidentin. Der Tod der jungen Frau «ist und bleibt ein tragisches Unglück, das alle Parteien belastet», sagte sie an der Urteilsverkündung.

Die Staatsanwaltschaft, die eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung gefordert hatte, akzeptierte den Freispruch für den Bauchef nicht. Die Familie der jungen Frau gelangte mit Zivilforderungen ans Obergericht.

Bauchef war vor Ort

In der Verhandlung am Mittwoch ging es erneut um die Bedeutung der Wetterwarnungen am Tag des Unglücks. Sie hätten keine entscheidende Rolle gespielt, sagte die Staatsanwältin. Der Bauchef sei den ganzen Tag vor Ort gewesen. „Er musste nur in den Himmel schauen und reagieren“, erklärte sie.

In seiner Funktion sei der 63-Jährige für den Schutz der Helfer verantwortlich gewesen. Als langjähriger Bauchef habe er zudem um die Gefahren eines Sturms auf den Openair-Gelände gewusst. Er hätte die Arbeiten vorübergehend aussetzen müssen.

Die Anklage forderte eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Tötung und verlangte eine bedingt Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 110 Franken, sowie eine Busse von 1300 Franken. Beim mitangeklagten Studenten hatte die Staatsanwaltschaft den Freispruch nicht angefochten. Sie wollte aber eine Reduktion der Entschädigung erreichen.

Ein Jahrhundertereignis

Der Verteidiger beantragte die Abweisung der Berufung. An jenem Tag sei nur mit einem Sommergewitter zu rechnen gewesen. „Die Gefahr kam erst mit dem Orkan, den niemand voraussehen konnte“, argumentierte er. Die Gewitterzelle sei damals mit einer Geschwindigkeit von 174 km/h unterwegs gewesen. Nur einen Kilometer vom Areal entfernt, habe man bloss einen leichten Wind festgestellt. Es habe sich um „ein Jahrhundertereignis“ gehandelt.

Der Bauchef erklärte in seinem Schlusswort, auch dreieinhalb Jahre nach dem Unglück gehe ihm der Tod der jungen Frau noch nahe. Das Urteil wird schriftlich eröffnet. Ein Termin steht noch nicht fest.

veröffentlicht: 23. September 2015 18:12
aktualisiert: 23. September 2015 18:12
Quelle: SDA/Red

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