Flugabsagen und Streiks

Chaos in der Flugbranche – so meistert Altenrhein die Krise

30.06.2022, 05:48 Uhr
· Online seit 29.06.2022, 14:52 Uhr
Flüge werden gestrichen, das Bodenpersonal streikt oder droht zumindest damit – und das alles kurz vor der Sommerferienzeit. Die Flugbranche macht als Folge der Coronapandemie erneut schwere Zeiten durch. Der St.Galler Flugplatz Altenrhein hingegen ist von diesen Problemen kaum betroffen. Dafür gibt es mehrere Gründe.
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Reihenweise werden Flüge gestrichen, an verschiedenen europäischen Flughäfen streikt das Bodenpersonal, es fehlt an Fachkräften. Kurz: Es herrscht absolutes Chaos in der Aviatik-Branche – und das ausgerechnet vor der Sommerferienzeit. Betroffen sind auch die grossen Schweizer Flughäfen Zürich, Basel und Genf, auch wenn das ganz grosse Chaos, verglichen mit anderen europäischen Destinationen, bisher noch ausblieb.

In Altenrhein läuft es

Wie eine kleine, isolierte Insel in einem Ozean aus Problemen erscheint da der Flugplatz St.Gallen-Altenrhein. Denn laut Thomas Krutzler, CEO des Flugplatzes, geht die derzeitige Krise in der Branche beinahe spurlos an Altenrhein vorbei. «Im Vergleich zu den Grossflughäfen haben wir nicht mit diesen Problemen zu kämpfen. Personell sind wir gut und effizient aufgestellt und haben darum auch keine Beeinträchtigung des Betriebs», sagt Krutzler gegenüber FM1Today.

Zugute kommt den Altenrheinern dabei, dass sie bereits seit Monaten wieder im Normalbetrieb arbeiten können. Das heisst: «Wir hatten genug Vorlaufzeit, um uns auf den Sommer vorzubereiten», so Krutzler. Kurzarbeit für das Personal ist in Altenrhein seit längerem kein Thema mehr, die Prozesse seien seit Monaten bereits wieder eingespielt.

Druck und Stress: Auch Swissport kämpft mit den gleichen Problemen

Dass viele grosse Flughäfen europaweit mit Problemen zu kämpfen haben, hängt auch mit der Bodenservice-Gesellschaft Swissport zusammen. Ohne die weltgrösste Firma für Passagier-Abfertigung und Gepäckverlad geht an vielen Flughäfen wenig bis gar nichts. Swissport kämpft derzeit mit Personalproblemen. Wie die Fluggesellschaften hat auch Swissport die Personalbestände während der Coronapandemie drastisch reduziert – und nun fehlen diese Leute an allen Ecken und Enden. Das führt zu Druck, Stress und unweigerlich damit verbunden: qualitativen Einbussen.

Pünktlich zur Sommerferienzeit droht die Situation zu eskalieren: Weil Swissport den «Krisen-Arbeitsvertrag», der temporäre Zugeständnisse bei den Arbeitsbedingungen seitens der Mitarbeitenden beinhaltete, laut den Gewerkschaften beibehalten will, griffen diese zu einem drastischen Schritt: Sie kündigten den Gesamtarbeitsvertrag für die Branche – und im gleichen Zug Protestaktionen an. Im äussersten Fall könnte es damit gar zu einem Streik kommen. Nicht auszudenken, wenn dies ausgerechnet in der Ferienzeit passieren würde.

Selbstständigkeit als grosse Stärke

Von alledem bekommt man in Altenrhein nur wenig mit. Der Vorteil des kleinen Ostschweizer Flugplatzes: Sämtliche Arbeiten werden selbst erledigt. Sowohl der Bodenservice als auch die Flüge werden mit eigenem Personal durchgeführt. Thomas Krutzler erklärt: «Ein Vorteil unseres Unternehmens ist, dass wir drei Unternehmensbereiche haben. Einerseits die Immobiliengesellschaft, welche unter anderem die Hangars bewirtschaftet, dann den Flugplatzbetrieb selbst und als Drittes die eigene Airline.»

So hätten die ersten zwei Geschäftsfelder während Corona weiter gut funktioniert, die Airline hingegen geschwächelt. Dadurch konnte der Betrieb auch während der Pandemie am Laufen gehalten werden, trotz zeitweiliger Kurzarbeit und Homeoffice hätten die Mitarbeitenden eine gewisse Routine beibehalten können, so Krutzler.

Profitiert Altenrhein von den Problemen der Konkurrenz?

Dass Altenrhein von den derzeitigen Problemen der grossen Konkurrenten profitiert, daran glaubt Krutzler nur bedingt: «Ich denke nicht, dass das gross der Fall ist. Innerhalb der Star Alliance (Zusammenschluss verschiedener grosser Airlines, Anm. d. Red.) werden ja zumeist Lösungen für die betroffenen Passagiere gefunden.»

Unabhängig davon läuft es auch in buchungstechnischer Hinsicht gut für Altenrhein. Denn: «Die Buchungslage ist sehr gut, da der Nachholbedarf insbesondere im Charterbereich europaweit relativ gross ist.»

veröffentlicht: 29. Juni 2022 14:52
aktualisiert: 30. Juni 2022 05:48
Quelle: FM1Today

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