«Glatte Clique» teilt erneut aus

· Online seit 06.02.2018, 10:08 Uhr
Über ertrinkende Flüchtlinge macht man sich nicht lustig. Das sehen nun auch die Hülsnerbuebe ein, nachdem einige Veranstalter etwas nachgeholfen haben. «Wir würden nicht noch einmal Bilder dieser Art aufhängen», sagt der Vereinschef.
Sandro Zulian
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Hans Suter | Tagblatt.ch

Am Aadorfer Fasnachtsumzug vom 21. Januar sorgte die Gruppe Hülsnerbuebe Dietschwil mit ihrem Wagen für einen Skandal. Eine farbige Illustration zeigte schwarze Hände, die aus dem Wasser ragen. «Eine offensichtliche Anspielung auf Flüchtlinge, die ihm Mittelmeer ertrinken», schreibt das auf Rechtsextremismus- und Rassismusvorfälle spezialisierte Portal«hans-stutz.ch». Ausserdem prangten auf dem Wagen Aufschriften wie «Asylparadies CH», «Asylbar» und «Einwanderungsbehörde». Von den Veranstaltern des Ganterschwiler Fasnachtsumzugs wurden die Hülsnerbuebe kurzfristig ausgeladen. Nicht so beim Fasnachtsumzug vom Sonntag in Lenggenwil. «Das alte Sujet hätten wir nicht zugelassen», sagt Präsident Severin Löhrer. «Unser Umzugsverantwortlicher hat den Wagen vorgängig kontrolliert.» Einfach vom Umzug ausschliessen wollte man die Hülsnerbuebe nicht. «Sind schon seit Jahren dabei, das war für uns der ausschlaggebende Punkt», begründet Löhrer. Die Hülsnerbuebe machten viel für das Dorf und seien an sich eine «glatte Clique». Beim Asylsujet hätten sie jedoch über das Ziel hinausgeschossen. «Das geht nicht», sagt Löhrer. «Sie haben von sich aus gemerkt, dass es nicht gut ist.» Diese Auffassung teilt wohl auch ein Namensvetter des Hülsnerbuebe-Chefs T.H., der seit dem Vorfall mit Drohanrufen belästigt wird und sich rechtliche Schritte überlegen muss.

Hülsnerbuebe nutzen die Chance auf ihre Weise

Der öffentliche Druck auf die Fasnachtsgruppe scheint nicht spurlos an den Mitgliedern vorbeigegangen zu sein. Denn laut Medienrecherchen bezeugte T.H. in den sozialen Medien seinen Gefallen an Adolf Hitler und auch an Einträgen der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos). Die Gruppe hat reagiert und am Lenggenwiler Fastnachtsumzug ein anderes Sujet präsentiert: Im Mittelpunkt stehen nun die Medien. Erfolgte der Sujetwechsel aus Überzeugung oder weil der Druck in der Öffentlichkeit zu gross geworden ist? «Die meisten Umzugsveranstalter forderten ein paar Abänderungen an unserem Wagen, damit wir ­weiter an den Umzügen teilnehmen können», antwortet T.H. in einem schriftlichen geführten Kurzinterview. «Es war aber auch in unserem Interesse, die umstrittenen Bilder zu entfernen.» Im Nachhinein betrachtet: War das erste Sujet mit ertrinkenden Asylsuchenden in Ihren Augen ein dummer Ausrutscher oder verbirgt sich dahinter ein Stück Gesinnungswahrheit? «Diese Bilder hatten die meisten auch falsch interpretiert. Das umstrittene Bild zeigt lediglich eine Momentaufnahme aus einem TV-Bericht über ein Boot, das in Seenot geraten ist», verteidigt T.H. die misslungene Aktion. «Wir machen uns nicht lustig über diese Tatsache, sondern wollen die Leute anregen, sich Gedanken über dieses Thema zu machen.» T.H. gesteht allerdings ein: «Es war uns klar, dass das Thema heikel ist. Wir würden nicht noch einmal Bilder dieser Art aufhängen.»

Der Name Hülsnerbuebe hat keine eigentliche Bedeutung. «Der Verein wurde als Fasnachtverein gegründet, um als Gruppe an Fasnachtsveranstaltungen und mit einem Wagen an Fasnachtsumzügen teilzunehmen», sagt T.H. Der Verein setze sich für das Dorf Dietschwil ein, sei es am 1. August mit einem Fest, der eigenen Dorffasnacht oder der Mithilfe an Veranstaltungen anderer Vereine. «Wir haben vor fünf Jahren angefangen, an Fasnachtsumzügen teilzunehmen. Die ersten zwei Jahre waren wir unter einem anderen Namen unterwegs. Als immer mehr Leute dazugekommen sind, haben wir den Verein gegründet und nehmen seit drei Jahren unter dem Namen Hülsnerbuebe teil», erklärt T.H.

Dieser Artikel erschien erstmals am 6.2.2018 in der «Wiler Zeitung» und auf «Tagblatt online»

veröffentlicht: 6. Februar 2018 10:08
aktualisiert: 6. Februar 2018 10:08

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