«In die Falle getappt» – Glarner Obergericht erklärt 600 Tempobussen für ungültig
Quelle: TeleZüri
Die Glarner Polizei habe die Radarfalle auf der Kerenzerstrasse extra so aufgestellt, dass möglichst viele hineintappen. So lautet zusammengefasst die Begründung des Obergerichts für seinen Entscheid. Vier geblitzte Fahrer hatten gegen ihre Busse Beschwerde eingelegt, wie die «Südostschweiz» berichtet.
Tafel unnötig und schlecht aufgestellt
Damit waren sie vor Gericht erfolgreich. In einem Urteil lässt das Obergericht kein gutes Haar an der Arbeit der Polizei. Die Tempo-50-Tafel sei so unglücklich aufgestellt worden, dass man sie gar nicht habe sehen können, heisst es etwa.
Dazu kommt: Die Reduktion von Tempo 80 auf Tempo 50 sei «eine sinnentleerte Massnahme» gewesen. An der fraglichen Stelle sei die Baustelle längst vorbei gewesen. Und an Wochenenden und Feiertagen ruhten die Arbeiten. Trotzdem verteilte die Polizei fleissig Bussen.
Das eigentliche Problem mit der Signalisation war, dass sie laut dem Obergericht gar nicht gültig war. Selbst wenn man die Tafel hätte sehen können, sie wäre an den Tempokontrolle-Tagen laut dem Gericht nicht nötig gewesen.
«Anschein von Mutwilligkeit»
Das Obergericht verlangt nun, dass sämtliche 600 Bussen, Strafbefehle oder Kantonsgerichtsurteile neu beurteilt – und allenfalls zurückbezahlt – werden. In einer Anmerkung teilt die Justiz ausserdem weiter gegen die Polizei aus: Die Radarmessungen «erfolgten ausgerechnet nur an Tagen, an denen dies mit Blick auf die Verkehrssicherheit überhaupt keinen Sinn machte». Der eigentliche Zweck von Tempokontrollen sei damit «ins Gegenteil verkehrt» worden.
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«Mit Bedacht wurde ein Streckenabschnitt gewählt, wo vorauszusehen war, dass überdurchschnittlich viele Lenker in die Falle tappen würden», zitiert die Südostschweiz aus der Anmerkung. «Denn sie würden zum einen die dort an denkbar ungünstiger Stelle angebrachte Signalisation übersehen und zum anderen aufgrund des geraden ungefährlichen Strassenverlaufs und des gänzlich unauffälligen Strassenbildes nie und nimmer vermuten, es könnte in diesem Abschnitt etwas anderes als die allgemein zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 Stundenkilometern gelten.» Den durchgeführten Radarmessungen hafte der Anschein von Mutwilligkeit an.
Ob sich das Gericht mit dieser Einschätzung durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Das Urteil des Obergerichts ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hat es angefochten. Der Fall geht nun ans Bundesgericht.
(osc)