Nach 156 Jahren: Letzter Verkauf bei Pfund

· Online seit 16.03.2017, 17:29 Uhr
Die Confiserie Pfund hat am 31. Dezember 2016 nach 156 Jahren Familienbetrieb ihre Türen geschlossen. Der Betrieb lohnte sich nicht mehr. Von Donnerstag bis Samstag kommen nun die Raritäten unter den Hammer, die sich in den vergangenen Jahrzehnten angesammelt haben. Wer noch ein Erinnerungsstück haben will, muss sich sputen.
Fabienne Engbers
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Der Verkauf der antiken Kuchenformen, Flaschen, Teller und Platten hat am Donnerstag um neun Uhr begonnen. Eine Stunde später war die Confiserie Pfund am Marktplatz in St. Gallen schon fast wieder leer gekauft.

Man stand dicht gedrängt

«Die Leute standen Punkt neun vor der Tür, im Laden wurde es brutal eng, man konnte sich kaum bewegen», sagt Christian Pfund. Er leitete die Traditions-Confiserie in der fünften Generation.

Auch kurz vor Mittag treibt es immer wieder Menschen in die ehemalige Confiserie, einige kommen, weil sie vom Raritätenverkauf gehört haben, andere stolpern spontan herein und schauen sich ein wenig um.

In 150 Jahren kommt Einiges zusammen

In über 150 Jahren ist so einiges am Backformen und -utensilien zusammengekommen. «Teils haben wir alte Sachen in Schränken gefunden, von denen wir nicht wussten, dass es sie überhaupt noch gibt», sagt Christian Pfund. Am 31. Dezember 2016 schloss die Confiserie.

Seitdem haben die Pfunds ausgemistet. «Dabei fanden wir auch Sachen, von denen wir gar nicht mehr wissen, wofür man sie benutzt hat.» Viele der Formen, die jetzt im Laden stehen, haben ihren 100-jährigen Geburtstag schon gefeiert, vermutet Christian Pfund.

Vor allem besondere Teile sind heiss begehrt

Antike Osterhasenformen, die noch aus Gusseisen oder Kupfer gemacht wurden, Pastetenförmchen und auch die Formen, in denen die legendären Pfundsteine gebacken wurden, sind heiss begehrt. Aber auch kleine, alltägliche Förmchen wie Zitronenschiffchen, Cakeformen oder Gugelhopfformen, die zu Dutzenden im Laden stehen, werden von den Hausfrauen, die durch den Laden stöbern, eifrig gekauft.

Auch Dekorationsteile, zum Beispiel kleine Osterhasen aus Porzellan oder Gläschen, sowie ein altes Service, das mit dem Namen der Confiserie graviert ist, kann man ersteigern.

«Ich wollte einfach eine Erinnerung»

Viele langjährige Kundinnen der Confiserie Pfund sind am Donnerstag extra vorbei gekommen, um sich ein Erinnerungsstück zu sichern. Glacéschälchen, Silberkrüge und ausgewählte Teller, Gläser und Guetzliformen sind bereits kurz nach neun Uhr ausverkauft. «Seit 1997 komme ich regelmässig hierher. Als die Confiserie zumachte, war ich sehr traurig. Jetzt kann ich wenigstens noch ein Andenken mitnehmen», sagt Nelly Lehmann aus Wittenbach mit feuchten Augen. Sie hat eine gravierte Porzellanplatte gekauft.

Sonja Hofmann ist eine langjährige Freundin von Frau Pfund. Auch sie liess es sich nicht nehmen, beim Raritätenverkauf vorbei zu schauen. «Ich habe ein Silberkrüglein gekauft und eine Briocheform, die extra für mich reserviert wurde. Jetzt schaue ich mich noch ein wenig um und werde sicherlich weiter fündig», sagt sie.

Viele Erinnerungsstücke bleiben in Familienbesitz

Ganz alles wird bis Samstag aber nicht verkauft. «Es gibt einfach Dinge, an denen wir noch zu sehr hängen, um sie weggeben zu können», sagt Christian Pfund. Darunter ist zum Beispiel eine Platte, die noch mit dem Namen des Urgrossvaters Bernhard angeschrieben ist. «Davon können wir uns noch nicht trennen, das tut noch zu sehr weh.»

Allerdings ist es auch möglich, dass sich die Pfunds dazu durchringen, einige ihrer Schätze doch noch zu verkaufen. So dass man am Samstagmorgen plötzlich irgend ein Bijou entdecken könnte. Der Verkauf läuft voraussichtlich noch bis Samstagnachmittag. Läuft es für Christian und seine Frau Marlis Pfund nach Plan, ist der Laden dann leer. «Die Sachen ins Alteisen werfen, das wollen wir nicht.»

Pfundsteine könnten ein Comeback feiern

Ein Nachfolger, der die Räume übernehmen könnte, scheint im Gespräch zu sein. «Würde sich jemand dafür entscheiden, die Confiserie zu übernehmen, würde ich auch einige Rezepte mit übergeben.» Diese geheimen Rezepturen werden weiterhin von Christian Pfund gehütet. «Diä gib i nöd.»

Auf die Frage, ob die St. Galler irgendwann wieder in den Genuss der Pfundsteine kommen, sagt Christian Pfund nur: «Eine kleine Hoffnung darf man haben.»

veröffentlicht: 16. März 2017 17:29
aktualisiert: 16. März 2017 17:29
Quelle: enf

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