Kaum steigt Beni Würth ins Rennen um den frei werdenden Ständeratssitz der frischgebackenen Bundesrätin Karin Keller-Sutter, schon hagelt es Kritik. In einem offenen Brief des Frauenforums Wil schreibt die Grünliberale Erika Häusermann, dass Würth klar der Falsche für diesen Sitz sei.
«Lernt man schon im Kindergarten»
Das Amt gehöre klar einer Frau: «Natürlich hat er das Recht zu kandidieren, aber es hat nicht viel mit Fairness zu tun.» Man lerne schliesslich schon im Kindergarten, dass wenn jemand zwei Tafeln Schokolade habe, gebe er oder sie eine davon ab. «Diese Fairness sollte auch in der Politik üblich sein», sagt Häusermann. Die Krux dabei: Nicht einmal Häusermanns eigene Partei, die glp wusste von dem offenen Brief an Regierungsrat Würth. Was die Parteipräsidentin der St.Galler glp dazu sagt, erfährst du im Bericht von TVO.
«Wählerinnen und Wähler entscheiden»
Bei Beni Würth auf der anderen Seite, zieht dieses Argument überhaupt nicht. Für ihn sei nur wichtig, was das Stimmvolk wolle, so der 50-Jährige Regierungsrat: «Die Wählerinnen und Wähler entscheiden bei einer demokratischen Wahl völlig unabhängig.» Dabei würden sich die Stimmberechtigten verschiedene Überlegungen zu Profil, Erfahrung und Kompetenzen machen und dann eine Entscheidung treffen.
Der offene Brief im Wortlaut
Sehr geehrter Herr Regierungsrat
Noch bevor Karin Keller-Sutter, unsere neue Bundesrätin, in ihrer Heimatstadt Wil gefeiert wird, haben Sie bereits Ihre Kandidatur für den Ständerat in den Medien bekanntgegeben, wohl wissend, dass dieser Sitz einer Frau zusteht.Ihnen als Regierungsrat des Kantons St.Gallen sollte bekannt sein, dass unser schöner Kanton nicht nur von Männern bevölkert wird. Wir Frauen wollen unseren Sitz im Ständerat behalten, weil wir einen berechtigten Anspruch darauf haben. Hochqualifizierte, politikerfahrene Frauen werden durch das Vorpreschen eines amtierenden Regierungsrates abgeschreckt, sich einer Kandidatur zu stellen. Als Regierungsrat haben Sie bereits ein prestigeträchtiges, hochbezahltes Amt, überlassen Sie den Sitz im Ständerat einer Frau und unterstützen Sie eine Frauenwahl. Sie wollen doch sicher nicht als Frauenverhinderer in die Geschichte eingehen.
Frauenforum WilArbeitsgruppe Politik
Erika Häusermann und Verena Gysling
Wil, 11.12.2018
(red.)