St.Gallen

«Das ist besorgniserregend»: Polizei reagiert auf Zunahme von Gewaltdelikten

· Online seit 30.09.2021, 19:48 Uhr
Seit diesem Sommer kommt es in der Stadt St.Gallen und der näheren Umgebung zu auffallend vielen Gewalttaten. Immer öfter trifft die Kantonspolizei St.Gallen auf junge Erwachsene mit Stichwaffen. Was sind die Gründe dafür? Und wie geht die Polizei gegen diese Entwicklung vor?

Quelle: tvo

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Die Gewaltdelikte in St.Gallen und Umgebung häufen sich. Alleine in den vergangenen vier Wochen passierten vier grössere Vorfälle, schreibt das «St.Galler Tagblatt». Die Serie begann in der Nacht auf den 29. August, als ein 38-jähriger Dominikaner in der Brühlgasse in St.Gallen von mehreren Tätern angegriffen wurde. Wenige Tage danach erlag der Mann seinen Verletzungen.

In der Nacht auf Samstag, 4. September, wurde ein 57-jähriger Schweizer in Flawil von zwei Männern zu Boden gestossen und starb an einer Hirnblutung. Später wurden zwei Männer – ein 40-jähriger Kosovare und ein 39-jähriger Grieche - festgenommen.

Wieder in St.Gallen, an der Bahnhofstrasse, wurden am 19. September drei Jugendliche im Alter zwischen 20 und 22 Jahren schwer verletzt aufgefunden. Einer davon, ein 20-jähriger Schweizer, hatte bereits viel Blut verloren und schwebte in Lebensgefahr. Erst diesen Mittwoch erlag er seinen Verletzungen. Bezüglich der Täterschaft tappt die Polizei noch immer im Dunkeln und hofft auf Hinweise aus der Bevölkerung.

Und schliesslich die Nacht auf Sonntag, den 26. September, als ein 36-jähriger Spanier bei einer Auseinandersetzung durch ein Messer verletzt wurde. Die Kantonspolizei St.Gallen ermittelt gegen einen 43-jährigen Deutschen und einen 41-jährigen Schweizer.

St.Galler Kantonspolizei ist alarmiert

Dass sich die Vorfälle häufen, bleibt bei der St.Galler Kantonspolizei nicht unbemerkt. «Wir sind uns der aktuellen Situation bewusst und haben taktische Massnahmen ergriffen», bestätigt Mediensprecher Florian Schneider auf Anfrage. Seit Anfang Juli kam es gemäss Schneider allein in der Stadt St.Gallen zu 40 Gewaltdelikten – darunter Raub, Körperverletzung und Schlägereien. Ist die Gallusstadt respektive der Kanton nun unsicherer denn je? Ob es tatsächlich mehr Gewaltakte als in den Vorjahren gibt, lasse sich erst anhand der Kriminalstatistik für das Jahr 2021 beurteilen, so Schneider: «Zurzeit deutet aber leider alles darauf hin, dass die Zahl der Gewaltdelikte gestiegen ist.»

Vor allem die Gewaltbereitschaft habe markant zugenommen. Dies sei der Kantonspolizei mit Hilfe regelmässig vorgenommener Kriminalanalysen ins Auge gestochen, erklärt Schneider. Sämtliche Deliktkategorien und allfällige Zusammenhänge würden hierbei geprüft. Man sei zudem stets im Austausch mit der St.Galler Stadtpolizei, deren Patrouillen ähnliche Schlüsse ziehen.

«Wir haben unsere Präsenz in der Stadt erhöht. Zudem werten wir jeweils aus, wo gewisse Hotspots sind, und patrouillieren dort vermehrt», sagt Roman Kohler, Mediensprecher der Stadtpolizei, auf Anfrage. Über die Massnahmen, die in Kooperation umgesetzt werden, können aus taktischen Gründen weder Schneider noch Kohler Auskunft geben.

Immer mehr Messer im Ausgang

Eine Erklärung für diese plötzliche Entwicklung lässt sich nicht so einfach definieren. Die Kantonspolizei vermutet eine Verknüpfung zu den Öffnungsschritten des Bundes. Schneider erläutert: «Die Menschen gehen wieder vermehrt in den Ausgang, sie konsumieren Alkohol – die Gewalttaten nehmen zu.» Von einer Verbindung zwischen den Fällen der vergangenen Wochen gehe man nicht aus.

Noch alarmierender ist laut Schneider jedoch, dass junge Erwachsene im Ausgang vermehrt Messer bei sich tragen. Statistisch ausweisen könne man diese Aussage nicht. Dies sei erst durch die noch ausstehende Kriminalstatistik möglich. Das Phänomen beobachte die Polizei im gesamten Kanton, sei es im Zuge von Verkehrs- und Personenkontrollen oder Kontaktarbeit mit Jugendlichen. «Die Tatsache schwebt im Raum und ist besorgniserregend», fügt Schneider hinzu. Ein Messer sei eine Waffe und gehöre nicht in den Ausgang – auch nicht zum «Schutz».

veröffentlicht: 30. September 2021 19:48
aktualisiert: 30. September 2021 19:48
Quelle: St.Galler Tagblatt/Alain Rutishauser/Gabriela Schmid

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