Toggenburg

«Es ist Ehrensache, dass wir das Hämmerlispiel produzieren dürfen»

14.05.2022, 06:16 Uhr
· Online seit 14.05.2022, 06:16 Uhr
Er war einer der letzten seiner Art: Der Toggenburger Markus Aepli stellte als einer der einzigen in der Schweiz noch den traditionellen Toggenburger «Chüngel» oder auch das Hämmerlispiel her. Nun hat er gleich mehrere Nachfolger gefunden – darunter die Firma Schlegel aus Wattwil.
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«Wir haben uns schon darum gerissen.» Hansueli Alder, Geschäftsführer der Schlegel Holzbau AG in Wattwil, steht in der Werkstatt in Wattwil. In einem Gestell aus Holz sind fein säuberlich mehrere Spiele eingereiht. Ein Handwerk, das im Toggenburg Tradition hat. Mit Markus Aepli produzierte einer der letzten in der Schweiz den sogenannten Toggenburger Chüngel. Im Dezember vor zwei Jahren stellte Aepli seine letzte Serie her und suchte einen Nachfolger.

Spiel weckt Emotionen

Gemäss Aepli haben sich gleich mehrere Personen gemeldet. Unter anderem Hansueli Alder: «Es gibt nichts Schöneres, als die Idee des Toggenburger Chüngels weiterzutragen.» Er habe sich darum bemüht, das Handwerk fortführen zu dürfen. Als schliesslich der positive Bescheid Aeplis folgte, war er sehr froh darüber. «Es ist eine Ehrensache. Auch ein Spiel weckt Emotionen, es müssen nicht immer Häuser sein.»

Vergangenen Winter hat Hansueli Alder die Vorlagen von Markus Aepli erhalten und vor Weihnachten wurde mit den ersten Arbeiten begonnen. «Im Januar und Februar haben wir sehr oft daran gearbeitet und Ende April konnten die ersten Spiele verkauft werden.» Die Arbeit haben er und seine Mitarbeiter unterschätzt: «Es ist eine sehr aufwendige Arbeit. Man sieht das Endresultat nicht sofort und wir haben auch gemerkt, dass es nicht unbedingt zum Geldverdienen ist.»

«Es ist eine gute Werbung für den Werkstoff Holz»

Darum gehe es aber auch nicht: «Das Hämmerlispiel bietet eine schöne Gelegenheit, hochwertiges Restholz zu verwerten. Es findet also eine Wertschöpfung statt.» Ausserdem sei es eine sehr schöne, aber auch herausfordernde Arbeit für die Zimmermann-Lehrlinge. «Im Endeffekt ist jedes Spiel eine gute Werbung für den Werkstoff Holz.»

Für eine Serie von zwölf Spielen sei ein Mitarbeiter rund zwei Wochen beschäftigt. Bis auf die runde Holzplatte und die Metall-Elemente werden alle Teile selbst hergestellt. Ein Spiel kostet 650 bis 700 Franken – je nach Holzart. Alder konnte einige Bestellungen von Markus Aepli übernehmen. Bereits alle zwölf Exemplare der ersten Serie seien verkauft. «Wir haben auch schon drei Bestellungen für die nächste Serie.» Die Käuferinnen und Käufer schätzen vor allem die Hochwertigkeit des Produktes: «Das Spiel hält ein Leben lang, es sollte nicht kaputt gehen. Oft fragen die Kunden auch nicht nach dem Preis.» Ziel sei es, dass pro Jahr rund 40 bis 50 Exemplare verkauft werden können.

«Es ist ein Kreis, der sich schliesst»

Markus Aepli selbst freut sich, dass es mit seinem Spiel weitergeht. Es sei ihm nicht schwergefallen, das Projekt abzugeben: «Das verschafft mir Luft. Ich habe so viele andere Projekte, an denen ich weiterarbeite kann und ich kann nun spontan verreisen, das ist sehr schön.» Eine riesige Arbeitsbelastung sei mit dem Hämmerlispiel abgefallen. Jetzt fertigt und flickt Aepli noch Holzbilderrahmen und ist bei Solarmobilrennen involviert. Auch hat er ein neues Ziel: Sein Eigenheim durch eigens produzierten Strom zu betreiben.

Aber nicht nur Hansueli Alder hat ihm die Arbeit mit den Hämmerlispielen abgenommen. Ein weiterer Nachfolger ist in Baselland: Dieser hat bereits vor einem Jahr mit der Hämmerlispiel-Produktion mit Aeplis Vorlagen begonnen. «Ein Zimmermann, Patrick Gerber heisst er, ist schon ganz früh auf mich zugekommen und hat sein Interesse bekundet», sagt Aepli. Wie Hansueli Alder fertigt auch Gerber die runden Platten bei der Schmid AG in Wattwil an. «Ein Stück Toggenburg steckt also auch dort drin.»

Zusätzlich habe ein Freund, der ursprünglich mit Aepli die Hämmerlispiele machte, wieder begonnen, Spiele zu machen. «Wir haben gemeinsam angefangen, er hat dann aber wieder aufgehört. Neulich fand er einige Holzplatten in seinem Keller und jetzt macht er in kleinen Serien weiter.» Er sei ein pensionierter Ingenieur und tue dies als Hobby. «Es ist schön, dass sich so ein Kreis wieder schliesst.»

veröffentlicht: 14. Mai 2022 06:16
aktualisiert: 14. Mai 2022 06:16
Quelle: FM1Today

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