Uzwil

«Es wird schwierig, in ihre Fussstapfen zu treten»

07.03.2020, 15:21 Uhr
· Online seit 07.03.2020, 15:17 Uhr
Argjent Tairi strahlt durch das offene Fenster des Uzwiler Kiosk. Er ist der Nachfolger von Johanna Von Dach, die mit 90 Jahren immer noch täglich im Kiosk arbeitete bis sie vergangenen November starb. Danach war das Tabaklädeli eigentlich Geschichte.
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«Grüezi», ein freundliches Lächeln im Gesicht, aufmerksamer Augenkontakt und ein leicht fragender Blick, «was darf es bei Ihnen sein?» Argjent Tairi wirkt in seinem Kiosk in Uzwil so, als würde er schon ein Leben lang dort arbeiten. Und das mit Freude. Einzig feine dunkle Spuren unter den Augen deuten darauf hin, dass ihm durch die Arbeit im «gKiosk», wie er ihn nennt, vermutlich teilweise der Schlaf fehlt.

Angebot kam beim Coiffeur

Argjent Tairi übernahm den Kiosk im Herbst von der Familie Von Dach, seit Januar ist er geöffnet. Die 90-Jährige Johanna Von Dach arbeitete bis zu ihrem Tod im Kiosk. Weil die Geschäfte nicht ganz so gut liefen, wollte der Sohn von Johanna Von Dach, Mario Von Dach, das Geschäft im Herbst für immer schliessen.

Alles kam anders aufgrund eines Coiffeurbesuchs von Mario Von Dach beim Bruder von Argjent Tairi. «Er war gerade am Haare schneiden und sagte dann zu meinem Bruder, dass sie mit dem Laden aufhören und ob er nicht Interesse habe.»

Der Bruder kam mit der Idee zu Argjent Tairi, der zu diesem Zeitpunkt als Hauswart arbeitete und dieser sah sich den Kiosk einmal an: «Als ich das erste Mal dort drin war, dachte ich nur ‹Scheisse, da gibt es sehr viel zum Umbauen›», Argjent Tairi entschuldigt sich kurz, um eine Kundin zu verabschieden: «Tschüss, einen schönen Nachmittag, vielen Dank. So, wo war ich?»

«Der Kiosk ist als legendärer Kiosk bekannt»

Argjent Tairi erzählt, wie er die Pläne von Mario Von Dach vom Kiosk mit nach Hause genommen hat. «Ich habe das Glück, dass mein Vater seit 19 Jahren ein Malergeschäft hat. Ich habe den ganzen Umbau mit ihm besprochen und er sagte, ‹wenn du willst helfe ich dir. Pack diese Sache an.›» Gesagt, getan – im Dezember wurde umgebaut und Mitte Januar folgte die Eröffnung. 

«Die Leute hier in Uzwil sind froh, dass es den Laden noch gibt. Ich bekomme nur positive Rückmeldungen. Der Kiosk ist als legendärer Kiosk bekannt», Argjent Tairi wendet sich kurz einer Kundin zu, die eine Stange Zigaretten einkaufen möchte. «Danke dir, Tschüss» – mittlerweile würden die Uzwiler wissen, wer Tairi ist, obwohl er natürlich kein leichtes Erbe anzutreten hatte.

«Hut ab vor dieser Frau»

Die 90-Jährige Johanna Von Dach gehörte schon fast zum Sortiment des Kiosk. «Es ist ziemlich schwierig in ihre Fussstapfen zu treten, aber ich gebe mein Bestes», sagt der ehemalige Hauswart. Es gibt viele Dinge, für die Argjent Tairi Johanna Von Dach bewundert: «Ich stehe genau wie Johanna Von Dach morgens um zehn vor sechs im Laden und arbeite dann 13 Stunden mit einer kurzen Pause. Wenn ich am Abend zuhause bin, bin ich fix und fertig. Wenn ich mir dann noch vorstelle, wie das wäre, wenn ich 90 Jahre alt wäre, Jesses, Hut ab vor dieser Frau.»

Trotz langen Arbeitstagen ist der Betrieb des Kiosk genau das, was Argjent Tairi glücklich macht. «Als Hauswart habe ich mich manchmal alleine gefühlt. Ich bin aber ein sehr offener Mensch und schätze den Kontakt mit Menschen.» Er hofft einfach, dass sein Geschäft rentiert und er sich einen guten Lohn auszahlen kann: «Mir ist bewusst, dass ich kein Millionär werde. Aber wenn der Kiosk kein Minusgeschäft wird, dann habe ich alles richtig gemacht.»

veröffentlicht: 7. März 2020 15:17
aktualisiert: 7. März 2020 15:21
Quelle: FM1Today

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