Kleinkunst

Lara Stoll: «Die Thurgauer Idylle tut schon fast weh»

· Online seit 17.11.2020, 11:53 Uhr
Die Ostschweizerin Lara Stoll hat sich mit dem «Salzburger Stier» den renommiertesten Kleinkunstpreis im deutschen Sprachraum gesichert. Mit FM1Today spricht sie über ihren Erfolg und den Bezug zu ihrer Heimat.
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Lara Stoll ist wohl eine der talentiertesten Frauen der Schweiz. Bezeichnen kann sich die Thurgauerin als Slam-Poetin, Filmemacherin, Schauspielerin, Autorin, Kabarettistin und neu auch als Gewinnerin des «Salzburger Stiers», des renommiertesten Kleinkunstpreises im deutschen Sprachraum. FM1Today konnte mit der 33-jährigen Schweizer- und Europameisterin im Poetry Slam sprechen.

Lara, hast du damit gerechnet, dass der Preis dieses Jahr an dich geht?

Nein, überhaupt nicht. Ich hatte schon gehofft, dass ich ihn vielleicht irgendwann mal gewinne. Dieses Jahr hat sich aber wohl kaum jemand in der Kunstszene Gedanken darüber gemacht. Wegen der Corona-Pandemie ging es hauptsächlich darum, wann man wieder auftreten kann.

Du warst also richtig überrascht, als das Telefon kam?

Oft gehe ich gar nicht ran, wenn ich die Nummer nicht kenne. Als ich den Anruf nach mehreren Tagen dann aber doch entgegennahm, dachte ich erst, ich höre nicht recht. Losjubeln konnte ich nicht sofort, ich musste die Nachricht erst richtig realisieren.

Hast du anschliessend gefeiert?

Darauf angestossen habe ich schon. Jedoch bin ich zurzeit etwas gestresst, ich schreibe gerade an einem Buch und bin mitten in einem Umzug. Da liegen Partys inklusive Hangover nicht drin. Das hole ich vielleicht im Dezember nach, sofern das geht.

Renato Kaiser hat den „Salzburger Stier“ letztes Jahr gewonnen. Auch er kommt aus der Ostschweiz. Kennt ihr euch?

Ja, wir haben uns auf den Slam-Bühnen kennengelernt und sind befreundet. Ich habe mich letztes Jahr sehr für ihn gefreut. Wir sehen uns voraussichtlich im Mai bei der Preisverleihung. Er konnte seinen Preis wegen Corona nämlich noch nicht offiziell entgegennehmen.

Wie sehr hat dich die Coronakrise als Künstlerin belastet?

Ich habe versucht, mich nicht gross zu ärgern. Ich bin sowieso jemand, der nicht gerne jeden Abend auf der Bühne steht, ein Auftritt pro Woche genügt mir. Also fand ich es gar nicht so schlimm, dass ich mich etwas erholen konnte und nutzte die Zeit zum Beispiel, um an meinem Soloprogramm zu schreiben. Ich selber komme klar, aber ich mache mir Sorgen um Kollegen, die jetzt finanzielle Schwierigkeiten haben. Das zieht mich runter.

Sollten Künstler besser unterstützt werden?

Vermutlich dauert es noch etwas, aber ich hoffe sehr, dass sich die Politik eine längerfristige Lösung einfallen lässt. Ich würde mir wünschen, dass es in der Branche eine nachhaltige Veränderung gibt und sie auf dem Schirm bleibt.

Du wohnst in Zürich. Vermisst du die Ostschweiz manchmal?

Vermissen würde ich jetzt nicht sagen. Meine Eltern wohnen im Kanton Thurgau. Ich habe jetzt ein Auto und bin schon ab und zu dort. Familie ist mir sehr wichtig. Die Gegend ist eine solch lächerliche Idylle, dass es schon fast weh tut. Trotzdem ist es meine Heimat – sie ist in mir drin und ich brauche sie. Es kommen jedes Mal Emotionen hoch, wenn ich dort bin.

veröffentlicht: 17. November 2020 11:53
aktualisiert: 17. November 2020 11:53
Quelle: FM1Today

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