Wegen eines Retweets vor Gericht

27.09.2015, 15:20 Uhr
· Online seit 27.09.2015, 15:18 Uhr
Der Fall ist einmalig in der Schweizer Justizgeschichte: Dem St. Galler Journalisten Carlos Hanimann droht eine Strafe, weil er einen Tweet weiterverbreitet hat. Darin wird der Thurgauer SVP-Politiker Hermann Lei als Dölf bezeichnet.
David Scarano
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Carlos Hanimann hat den Tweet «Hermann ‹Dölf› Lei» nicht selber verfasst. Die Nachricht stammte vom bis heute anonymen Twitterer @KueddeR. Der WOZ-Journalist hat jedoch Mitte 2012 die Mitteilung retweetet, also weiterverbreitet. Nun soll er dafür büssen.

Wie die «NZZ am Sonntag» schreibt, muss sich Hanimann vor dem Bezirksgericht in Zürich verantworten – wegen mutmasslicher übler Nachrede und Verleumdung. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Journalisten vor, mit dem «Dölf» suggeriert zu haben, dass Hermann Lei mit Adolf Hitler sympathisiere. Hanimann habe billigend in Kauf genommen, den Ruf Leis zu schädigen. Dem Journalisten droht eine Geldstrafe von 4500 Franken sowie eine Busse von 1000 Franken. Ursprünglich wollte die Staatsanwaltschaft aber Hanimann gar nicht vor Gericht zerren.

Laut der «NZZ am Sonntag» sah es diese als nicht erwiesen an, dass Dölf mit Adolf Hitler in Verbindung gebracht werde. Das sah Hermann Lei anders. Er argumentierte erfolgreich, dass Hanimann in mehreren Artikeln versucht habe, ihn in die braune Ecke zu stellen.

Die Sonntagsausgabe zitiert im Artikel den auf Internetfragen spezialisierten Anwalt Martin Steiger. Ihm sei nicht bekannt, dass ein Retweet jemals einen Rechtsfall ausgelöst habe. Allerdings sei dies rechtlich problemlos möglich.

veröffentlicht: 27. September 2015 15:18
aktualisiert: 27. September 2015 15:20
Quelle: red

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