Gams

«Wir sind zu verwöhnt für das Mini-Haus»

· Online seit 26.02.2020, 05:52 Uhr
Leben auf kleinstem Raum, ökologisch und platzsparend. Der Trend der «tiny houses» ist in der Schweiz angekommen. Doch Mini-Haus bedeutet nicht gleich Mini-Probleme: Oft scheitert der Bau an den falschen Vorstellungen.
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Es klingt nach purer Befreiung: Der Einzug in ein kleines Haus, ohne unnötige Alltagsgegenstände und nur dem Nötigsten fürs Leben. 40 Quadratmeter Wohnfläche, so gross wie vier Parkplätze nebeneinander. Die Tiny-House-Bewegung aus Amerika schreibt sich das auf die Fahne und will mit kleinstem Raum zu maximalem Lebensglück führen. In der Vorstellung der absolute Traum. Doch das Mini-Haus wirft einen Schatten: Die Planung, der Bau und der Alltag bergen die gleichen Herausforderungen, wie bei einem normalen Einfamilienhaus. 

Riesiges Interesse, wenig Umsetzungs-Mut

Die Firma Schöb AG aus Gams kennt sich mit den Mini-Häusern aus. Seit einigen Jahren stellen sie ihr Minihaus an diversen Immobilien-Messen vor. «Wir stossen auf riesiges Interesse», sagt Christine Egger-Schöb, Geschäftsleiterin der Schöb AG. Es gebe sehr viele Anfragen, umgesetzt werden jedoch nur ganz wenige. Im letzten Jahr haben sie insgesamt drei Mini-Häuser gebaut und platziert.

«Auch für ein Tiny House braucht es Bauland, eine Zufahrtsstrasse, alle notwendigen Anschlüsse wie Strom und Wasser. Auch das normale Bewilligungsverfahren muss durchlaufen werden», so Egger-Schöb weiter.

«Ein winzig kleines Haus in den Bergen, mit Blick auf einen kleinen Bergsee, weg von allen Problemen und mitten in der Natur. So die Vorstellung vieler, die mit einem Tiny House liebäugeln», sagt Egger-Schöb. Doch das sei schlicht nicht möglich. «Auch für ein Mini-Haus braucht es Bauland, das darf man nicht in die Landwirtschaftszone stellen.» 

Die meisten Schweizer Banken geben für ein Mini-Haus keine Hypotheken. Dies, da die kleinen Häuser leicht zu transportieren sind, auch wenn sie mit Beton am Boden fixiert sind. 

Preislich muss alleine für das Häuschen mit rund 150'000 Franken gerechnet werden. Hinzu kommt die Parzelle, die Ziehung der Anschlüsse und baurechtliche Abklärungen. Insgesamt muss für den Bau eines Tiny-Houses mit mindestens 200'000 Franken gerechnet werden. 

«Vielleicht sind wir in der Schweiz zu verwöhnt»

Das Klientel solcher Kleinsthäuser zieht sich quer durch die Bevölkerung: Junge Paare, Alleinstehende und Pensionierte. Die Schöb AG stellte zum Beispiel ein Mini-Haus direkt neben einem Einfamilienhaus, auf das gleiche Grundstück. In das rollstuhlgängige Mini-Haus zogen die Grosseltern ein. Quasi ein modernes «Stöckli», ein Alterswohnheim direkt bei der Familie. 

Auch aus ökologischen Gründen würden Menschen sich für ihre Mini-Häuser interessieren. Denn: kleinster Wohnraum spart Ressourcen. «Ökologische Bauweise liegt uns am Herzen, und das merkt man auch beim Mini-Haus», so Egger-Schöb. Geheizt werde mit Pellets, ein kleiner Ofen mitten im Haus würde da reichen.

Die Geschäftsleiterin Egger-Schöb kann aber noch keinen Fall nennen, wo eine Familie in ein Mini-Haus gezogen ist. Sie sagt, die Häuser würden einfach zu wenig Platz dafür bieten. Man müsste mindestens ein Zimmer anbauen. «Vielleicht sind wir in der Schweiz auch einfach zu verwöhnt», fügt sie hinzu. 30 Quadratmeter sind nunmal nicht viel. Durchschnittlich wohnen Schweizerinnen und Schweizer laut dem Bundesamt für Statistik auf rund 40 Quadratmeter pro Kopf. Zu zweit in einem Mini-Haus entspricht weniger als der Hälfte. 

Nur Trend oder Zukunft?

Egger-Schöb erwähnt immer wieder: Diese Mini-Häuser sind ein Nischenprodukt. Dass flächendeckend kleine Häuser gebaut werden, glaubt sie nicht. «Wir sehen eher einen starken Trend in Richtung Renovierung. Immer öfters werden alte Gebäude renoviert», sagt Schöb. Oft seien diese grundsätzlich gut gebaut, werden aber dem heutigen Standard angepasst. 

 

veröffentlicht: 26. Februar 2020 05:52
aktualisiert: 26. Februar 2020 05:52
Quelle: FM1Today

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