Missbrauch

Churer Bischof Bonnemain vertröstet Missbrauchsopfer

· Online seit 02.03.2024, 17:00 Uhr
Der Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain hat am Samstag keinen Zeitpunkt nennen können, an dem eine Anlaufstelle für Missbrauchsbetroffene geschaffen wird. Er begreife die Ungeduld aber sehr gut, sagte er vor Betroffenen: «Mir geht es auch zu langsam.»
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«Das Ergebnis müsse hundertprozentig stimmen», sagte Bonnemain an einer Versammlung von Missbrauchsbetroffenen in Zürich, zu der er online zugeschaltet war. Eine solche Anlaufstelle zu schaffen, koste aber viel Zeit und viele Überlegungen. «Es ist nicht so, dass wir untätig wären», betonte Bonnemain.

Fast wöchentlich treffe sich seitens der Kirche eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema. Bei den Beratungen habe sich aber das grundsätzliche Dilemma gezeigt: Entweder die Anlaufstelle für Missbrauchsopfer sei völlig unabhängig - oder sie sei von der Kirche initiiert. «Beides gleichzeitig ist nicht kompatibel.»

«Auf erprobte Einrichtungen setzen»

Allmählich sei bei den Beteiligten deshalb die Überzeugung gereift, dass es besser sei, «auf erprobte Einrichtungen zu setzen, die in der Schweiz bereits bestehen», sagte Bonnemain.

Im April wollen sich die Verantwortlichen deshalb mit der Konferenz der Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren treffen. Die Anlaufstelle für Missbrauchsopfer könnte also dereinst von staatlichen Institutionen betrieben werden.

Einen zeitlichen Rahmen konnte Bonnemain nicht angeben. «Ich selber bin ungeduldig. Davon dürfen wir uns aber nicht treiben lassen», sagte er. Es sei besser, Schritt für Schritt das Richtige zu tun.

«Es dauert uns einfach zu lange»

Vreni Peterer, Präsidentin der IG Miku, der Interessengemeinschaft für Missbrauchsbetroffene im kirchlichen Umfeld, war nach Bonnemains Vertröstung nicht zufrieden. «Es dauert uns einfach zu lange. Viele Betroffene brauchen jetzt Unterstützung», sagte sie.

Sie kritisierte zudem, dass etwa ihre IG bei diesen Beratungen nie dabei sei. «Wir kennen die Bedürfnisse der Betroffenen genau. Aber uns fehlt der Austausch», sagte sie. Vertrauen sei schwierig.

Zweite Studie bereits in Arbeit

Auslöser für die Forderung nach einer unabhängigen Anlaufstelle war eine Studie vom September vergangenen Jahres. Diese zeigte, dass Priester und Ordensangehörige in der Schweiz seit 1950 über 1000 Fälle von sexuellem Missbrauch begangen hatten, wobei die Dunkelziffer hoch sein dürfte. Die meisten Fälle wurden von der Kirche verschwiegen, vertuscht oder bagatellisiert. Die Studie löste bei der Katholischen Kirche eine regelrechte Austrittswelle aus.

Die Forschenden der Universität Zürich, die das Ausmass der Missstände im September ans Licht brachten, haben Anfang dieses Jahres bereits mit einer zweiten Studie begonnen. Auch bei dieser soll sexueller Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche untersucht werden. Die Resultate sollen im Jahr 2027 präsentiert werden.

(sda)

veröffentlicht: 2. März 2024 17:00
aktualisiert: 2. März 2024 17:00
Quelle: FM1Today

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