«Historisches Urteil»

Er nannte Journalistin «fette Lesbe»: Rechtsextremer Autor muss 60 Tage hinter Gitter

· Online seit 04.10.2023, 12:24 Uhr
Der rechtsextreme Autor Alain Soral ist in einem Berufungsverfahren zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 60 Tagen verurteilt worden. Er hatte eine Journalistin aufgrund der sexuellen Orientierung diskriminiert und zu homophobem Hass aufgerufen.
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Das Waadtländer Kantonsgericht befand den französisch-schweizerischen Autor der Diskriminierung und Aufstachelung zum Hass für schuldig. Der Autor wird beim Bundesgericht Berufung einlegen.

Soral setzte «queer» mit gestört gleich

Soral musste sich wegen mutmasslich homophober Äusserungen vor Gericht verantworten. Der Holocaustleugner hatte 2021 in einem Video auf seiner Website eine Journalistin wegen ihrer Artikel in den Tageszeitungen «24 heures» und «La Tribune de Genève» unter anderem als «fette Lesbe» und «Queer-Aktivistin» bezeichnet. Dabei deutete er an, dass der Begriff queer gleichbedeutend sei mit gestört.

Die Journalistin hatte deswegen im September 2021 Strafanzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft verurteilte Soral im April wegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung per Strafbefehl zu drei Monaten Gefängnis. Gegen diesen Erlass legte der Autor Rekurs ein.

Das Polizeigericht verurteilte ihn anschliessend zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 50 Franken. Die Waadtländer Staatsanwaltschaft, welche eine Freiheitsstrafe von drei Monaten gefordert hatte, zog den Fall an die nächste Instanz weiter. Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ist in der Schweiz seit Mitte 2020 strafbar.

Heftige Äusserungen eingeräumt

Alain Soral hatte seinerseits «etwas heftige Äusserungen» eingeräumt. Der Wahl-Lausanner hatte jedoch versichert, er sei «kein homophober Aktivist, wie es die Staatsanwaltschaft glaubhaft machen möchte».

Am Montagabend erklärte der Anwalt von Alain Soral, dass der Fall «natürlich» vor dem Bundesgericht und «gegebenenfalls» vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) weitergeführt werde.

Urteil schafft einen Präzedenzfall

Aufseiten der LGBTIQ-Organisationen (Lesbian, Gay, Bi, Trans, Inter und Queer) war man zufrieden. «Wir begrüssen ein starkes Signal, das zeigt, dass in der Schweiz nicht alles erlaubt ist, und dass es Grenzen des Hasses gibt», kommentierte Gaé Colussi, Verantwortlicher für die Westschweiz bei Pink Cross, auf Anfrage von Keystone-SDA. Er fügte hinzu: «Man darf nicht vergessen, dass solche Aussagen direkte und besorgniserregende Auswirkungen auf die LGBTIQ-Gemeinschaft haben.»

Auch die Lesbenorganisation LOS begrüsst den Entscheid des Gerichts und spricht von einem historischen Urteil. «Die Verurteilung von Alain Soral sendet ein starkes Signal, dass homophober Hass in unserer Gesellschaft nicht toleriert wird», lässt sich Muriel Waeger, Co-Geschäftsführerin der LOS, in einer Mitteilung zitieren. Das Urteil sei «ein Schlüsselmoment für die Justiz und die Rechte von LGBTIQ-​Personen in der Schweiz» und schaffe einen Präzedenzfall. «Es ist ein entscheidender Schritt bei der Anwendung des 2020 vom Schweizer Stimmvolk angenommenen Artikels im Strafgesetzbuch», führt Waeger aus.

Bereits mehrfach verurteilt

Der 65-jährige Alain Bonnet, wie Soral mit bürgerlichem Namen heisst, lebt seit etwa drei Jahren in Lausanne. In Frankreich ist er wegen antisemitischer Äusserungen, Leugnen des Holocausts, Verleumdung und Beleidigung bereits rund 20 Mal zu Geld- oder Bewährungsstrafen verurteilt worden.

Bekanntheit erlangte Soral insbesondere auch durch seine Zusammenarbeit mit dem rechtsextremen, französischen Komiker Dieudonné.

(sda/gin)

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veröffentlicht: 4. Oktober 2023 12:24
aktualisiert: 4. Oktober 2023 12:24
Quelle: Today-Zentralredaktion

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