«Beim Einkauf von Lebensmitteln, dem monatlichen Bezahlen der Miete und der Krankenkasse sowie beim Buchen von Ferien sind die gestiegenen Kosten direkt spürbar. Das schlägt massiv auf die Stimmung», sagt Comparis-Consumer-Finance-Experte Michael Kuhn.
«Alles wird teurer» - dieser Eindruck spiegelt sich in den Sorgen der Schweizerinnen und Schweizer wieder: 69 Prozent sorgen sich wegen der Inflation hierzulande, 71 Prozent beunruhigt die weltweite Teuerung. Der Klimawandel (65 Prozent), Lieferengpässe (57 Prozent) und andere Themen stehen hinten an. Das zeigt eine repräsentative Umfrage von comparis.ch.
Die Angst vor steigenden Preisen hat damit innerhalb weniger Monate deutlich zugenommen. Im Dezember 2022 lagen die Sorgen wegen des Klimawandels auf Platz 1 (68 Prozent). Die weltweite Teuerung (66 Prozent, 5 Prozentpunkte tiefer als heute) sowie die Inflation in der Schweiz (64 Prozent, ebenfalls 5 Prozentpunkte tiefer) lagen auf den Rängen 2 und 3.
Frauen und Personen mit hoher Bildung bereitet der Klimawandel stärkere Sorgen
«Bei steigenden Preisen scheint der Klimawandel einen Teil seines Schreckens zu verlieren», sagt Comparis-Consumer-Finance-Experte Michael Kuhn. So wollen dieses Jahr zum Beispiel nur noch 8 Prozent ihren CO2-Ausstoss bei Flugreisen und Kreuzfahrten kompensieren. 2020 und 2021 waren es noch 13 Prozent aller Befragten. Auch die Bereitschaft, wegen der Klimadebatte weniger Flugreisen zu unternehmen, ist stetig gesunken: von 29 Prozent 2021 auf 24 Prozent im Mai 2023.
Nach wie vor sorgen sich Frauen wegen des Klimawandels mit 70 Prozent (Dezember 2022: 74 Prozent) deutlich stärker als Männer mit 60 Prozent (Dezember 2022: 63 Prozent). Eine grosse Schere gibt es auch nach Bildungsniveau: Bei Personen mit niedriger und mittlerer Bildung machen sich 61 Prozent starke bis sehr starke Sorgen wegen des Klimawandels, bei Personen mit hoher Bildung sind es 70 Prozent.
Steigende Preise für Ferien und für Heizenergie schenken ein
72 Prozent der Befragten geben an, die Inflation in ihrem Haushaltsbudget stark bis sehr stark zu spüren. Am deutlichsten zeigt sich die Inflation bei den Heizenergiepreisen: 72 Prozent spüren die gestiegenen Preise hier stark bis sehr stark. Dass die Ferien teurer geworden sind, spüren 65 Prozent und damit deutlich mehr als bei der Dezember-Umfrage 2022 (55 Prozent).
Tatsächlich sind die Preise für Energie zum Heizen (Gas, Heizöl, Brennholz und Fernwärme) im 1. Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal um 24 Prozent gestiegen. Auch im Feriensegment gab es satte Aufschläge: So haben sich die Preise für Pauschalreisen um 16 Prozent und für den Luftverkehr sogar um 40 Prozent verteuert.
Jede zweite Person verschiebt Möbel- und Autokauf
Nach dem Verhalten wegen der aktuellen Teuerung gefragt, wollen 52 Prozent aller Personen, denen die Inflation Sorgen bereitet, auf grössere Anschaffungen wie Möbel- und Autokauf verzichten. 49 Prozent sagen, sie werden mehr sparen und weniger konsumieren, und 13 Prozent wollen verstärkt in Fonds und Aktien investieren. Die Zahlen haben sich im Vergleich zur Dezember-Umfrage 2022 nicht verändert.
«Mit der Teuerung setzt sich die Entwicklung fort, die es bereits während der kritischen Phase der Corona-Pandemie gab: Die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer stellt aufgrund der finanziell unsicheren Lage kostspielige Käufe zurück», analysiert Kuhn.
5 Prozent der befragten Personen, denen die Inflation Sorgen bereitet, wollen zum Pfandleiher gehen, um Schmuck, Kleidung und anderes gegen Bargeld zu hinterlegen. 4 Prozent planen, einen Konsumkredit aufzunehmen.
Krankenkassenprämien und Mieten stimmen pessimistisch
Entsprechend pessimistisch gestimmt sind die Schweizerinnen und Schweizer: Satte 27 Prozent der Erwachsenen erwarten eine Verschlechterung ihrer finanziellen Situation für das kommende Jahr.
Als Hauptgrund für pessimistische Finanzaussichten nennen die Befragten mit 67 Prozent hauptsächlich die stark gestiegenen Krankenkassenprämien (Dezember 2022: 76 Prozent). An zweiter Stelle folgen die steigenden Preise für Miete beziehungsweise Hypotheken mit 39 Prozent (Dezember 2022: 38 Prozent). Bei den freien Antwortmöglichkeiten beklagen viele Befragte, dass «alles immer teurer wird».
Kuhn: «Beim Einkauf von Lebensmitteln, dem monatlichen Bezahlen der Miete und der Krankenkasse sowie beim Buchen von Ferien sind die gestiegenen Kosten direkt spürbar. Das schlägt massiv auf die Stimmung.»
Wenn gespart werden muss: Auf Spontankäufe verzichten und günstiger shoppen
Wenn Schweizerinnen und Schweizer sparen müssen beziehungsweise zu wenig Geld haben, dann wollen 72 Prozent auf unnötige Ausgaben und Spontankäufe verzichten. Danach folgt ein finanziell bewussteres Einkaufsverhalten: 64 Prozent nutzen wann immer möglich Rabatte, 52 Prozent vergleichen die Preise verschiedener Anbieter genau und kaufen das günstigste Angebot und 49 Prozent shoppen beim Discounter. In der italienischsprachigen Schweiz geben 54 Prozent zudem an, im Ausland einzukaufen (Gesamtschweiz 24 Prozent, französischsprachige Schweiz 23 Prozent und Deutschschweiz 22 Prozent).
«Wer in einer Grenzregion lebt, nutzt günstige Einkaufsmöglichkeiten im nahen Ausland häufiger als Personen aus zentral gelegenen Kantonen - und das, obwohl die Teuerung in den Nachbarländern* bisher deutlich höher ausfällt als in der Schweiz», sagt Kuhn.
Gutverdienende rechnen mit mehr Lohn und höherem Bonus
Bei den Personen, die eine Verbesserung ihrer finanziellen Situation 2023 im Vergleich zum Vorjahr erwarten, geben 37 Prozent eine Lohn- beziehungsweise Bonuserhöhung für sich selbst oder die Partnerin, den Partner an. Das ist eine Steigerung von 10 Prozentpunkten im Vergleich zur Dezember-Umfrage 2022. Eindrücklich sind die Unterschiede nach Bruttoeinkommen pro Monat: Bei einem Salär von über 8'000 Franken rechnen 46 Prozent mit einem höheren Lohn oder Bonus, bei den Einkommen bis 4'000 Franken sind es hingegen nur 22 Prozent.
«Der Lohngraben zeigt sich nicht nur bei Lohnerhöhungen und dem Bonus», sagt Kuhn. «Auch bei der aktuellen Wirtschaftslage mit hoher Inflation haben die Wenigverdienenden am meisten zu kämpfen.» So sagen 40 Prozent der Personen mit einem Bruttoeinkommen unter 4'000 Franken pro Monat, dass sie auf den Franken schauen müssen und sich sehr einschränken, um alle Rechnungen begleichen zu können. Bei mittleren Einkommen (4'000 bis 8'000 Franken) sind es 19 Prozent, bei hohen Einkommen (über 8'000 Franken) 4 Prozent. Bei weiteren 14 Prozent der Geringverdiener reicht es hinten und vorne nicht mit dem Geld, bei mittleren Einkommen trifft das auf 2,6 Prozent der Befragten zu. Personen mit einem hohen Einkommen kennen dieses Problem nicht.
(sda/mle)
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