Gechippte Katzen

Keinen Zugriff für die Polizei auf Tierdatenbank – Kritik zeigt Wirkung

· Online seit 22.02.2022, 16:42 Uhr
Wurde eine Katze überfahren oder sonst aufgefunden, konnten Polizei und Gemeinden bisher bei gechippten Tieren einfach ermitteln, wem der Vierbeiner gehört. Ab Februar hat die Betreiberfirma den Zugang zur Datenbank aber erschwert. Das sorgte für so viel Kritik und Unverständnis, dass sie nun zurückgerudert ist.
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Rund eine Million Tiere sind in der Schweiz gechippt und damit in der Heimtierdatenbank Anis registriert, davon etwa 670'000 Katzen, was wiederum einem geschätzten Drittel aller Fellnasen entspricht. Eine gute Sache, im Grunde: Wenn Kater Simba oder Katze Luna plötzlich spurlos verschwindet und Wochen später andernorts wieder auftaucht, sind die Vierbeiner einfach identifizierbar und damit auch ihr Besitzer schnell ausfindig gemacht. Auch wenn Katzen Opfer des Strassenverkehrs wurden, konnten die Tiere rasch ihren Besitzern zugeordnet werden, die damit immerhin rasch Gewissheit ob des Unfalltodes ihres Lieblings erhielten.

Polizei muss bei Hotline anrufen

Vor allem von Gemeindemitarbeitenden und Polizeibeamten wurde diese Möglichkeit der einfachen Identifikation bisher oft genutzt. Doch genau diese haben nun keinen direkten Zugriff mehr auf die Datenbank. Denn die Betreiberfirma Identitas hat diesen stark eingeschränkt – im Namen des Datenschutzes. Neu müssen Polizei und Gemeinde zuerst bei der Hotline von Identitas anrufen, um Name und Telefonnummer einer Tierhalterin zu erfahren. Allerdings ist diese nur zu Bürozeiten von 8 bis 16.30 Uhr und auch nur unter der Woche erreichbar.

Heisst: Wird eine Katze am Freitagabend Opfer eines Unfalls auf der Strasse, kann die Gemeinde den Halter unter Umständen erst am Montag ermitteln. Zwar haben Tierärzte und Tierheime weiterhin direkten Zugang zur Datenbank, allerdings sind diese ebenfalls kaum permanent erreichbar – und sie haben wohl auch keine Lust, ständig den Vermittlungsdienst zu spielen.

Unverständnis bei Tierheimen und der Polizei

Renate Aegerter, Inhaberin des Engelburger Tierheims Sitterhöfli, unweit von St.Gallen, findet die neue Regel denn auch Quatsch: «Ich finde, das geht gar nicht», sagt sie gegenüber FM1Today. Jedoch habe man dadurch keine Anrufe erhalten, um für jemanden nachzuschauen. «Sie werden das wohl anders gelöst haben». Sie sieht den eigentlichen Zweck der Datenbank untergraben. «Es geht ja genau darum, dass man die Besitzerinnen und Besitzer schnell ausfindig machen kann. Dafür geben diese ja ihre Daten an.»

Exakt gleich sieht es Albert Fritsche, Leiter des St.Galler Amts für Verbraucherschutz und Veterinärwesen: «Wir haben den Schritt auch nicht verstanden, weil mit diesem der eigentliche Sinn der Datenbank ausgehöhlt wird.»

Und auch bei der Polizei stösst die Änderung nicht unbedingt auf Verständnis: «Bis anhin war das eine gute Dienstleistung, die die Polizei gegenüber den Besitzern von Katzen erbracht hat», erklärte der Sprecher der St.Galler Kantonspolizei, Hanspeter Krüsi, gegenüber «SRF».

Hundedatenbank ist nicht betroffen

Warum also diese neue Regelung, wenn sie fast überall auf Kritik stösst? Stéphanie Eger, Mediensprecherin bei Identitas, schreibt auf Anfrage von FM1Today: «Als vertrauenswürdiger IT-Dienstleister wollen wir die bei uns gespeicherten Daten schützen und sicher aufbewahren. Dazu gehört auch die Kontrolle über Zugänge und Berechtigungen.» Dass Polizei und Behörden der Zugang entzogen wurde, sei auf die fehlende gesetzliche Grundlage zurückzuführen. Darum ist beispielsweise auch das Pendant für Hunde, die Datenbank Amicus, nicht von der neuen Regelung betroffen. Weil Hunde gesetzlich obligatorisch registriert werden müssen, sei dort die Berechtigung zur Einsicht gegeben.

Betreiberfirma rudert zurück

Obwohl die Argumentation mit der gesetzlichen Grundlage nachvollziehbar scheint, hat sich Identitas nun – wohl auch aufgrund der Kritik von verschiedenen Seiten – umentschieden: «Die Bestimmung wird geändert und der Polizei wird der Zugang wieder gewährt. Wir werden in den AGB die Dateneinsicht der Polizei gegenüber den Nutzern offenlegen», erklärt Stéphanie Eger. Allerdings dauert die Reaktivierung des Zugriffs noch voraussichtlich bis Ende März – bis dahin muss die Polizei weiterhin bei der Hotline anrufen.

veröffentlicht: 22. Februar 2022 16:42
aktualisiert: 22. Februar 2022 16:42
Quelle: FM1Today

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