Das Komitee «IG Starke Volksschule Kanton Bern» reichte am Freitag der Berner Staatskanzlei fast 19'000 bereits von den Gemeinden beglaubigte Unterschriften ein, wie es vor den Medien bekanntgab. Deshalb dürfte die Volksinitiative «Für demokratische Mitsprache - Lehrpläne vors Volk!» fast sicher zustande gekommen sein.
Sind doch im Kanton Bern 15'000 gültige Unterschriften nötig, damit eine Volksinitiative dem Volk vorgelegt werden muss. Die Berner Kantonsregierung hat nun einen Monat Zeit, um festzustellen, ob die Initiative formell zustande gekommen ist oder nicht.
Kommt vors Bernervolk
Die Volksinitiative verlangt nicht direkt, dass der Lehrplan 21 dem Bernervolk vorgelegt wird. Vielmehr verlangt sie, dass nicht mehr die Kantonsregierung, sondern letztere und der Grosse Rat wichtige Lehrpläne und Lehrplanänderungen erlassen.
Grossratsbeschlüsse zu solchen wichtigen Lehrplänen oder Änderungen sollen zudem dem fakultativen Referendum unterstehen. Damit soll das Volk bei wichtigen Bildungsreformen mitreden können, sofern ein Komitee das Referendum ergreift.
Eine Übergangsbestimmung im bernischen Volksschulgesetz soll garantieren, dass auch Lehrpläne, die ab 2017 in Kraft gesetzt werden, dem Grossen Rat vorgelegt werden müssen. Damit zielen die Initianten auf den Lehrplan 21, ohne ihn direkt zu nennen.
Lehrer werden zu Lernbegleitern
Sie stört am Lehrplan 21 vor allem dessen konstruktivistischer Ansatz. Gemeint ist, dass Schülerinnen und Schüler ihre Lernprozesse künftig weitgehend selber steuern sollen. Die Lehrpersonen verlören so ihre zentrale Bedeutung und würden zu reinen Lernbegleitern, findet das Initiativkomitee.
Wenn das Bernervolk an der Urne der nun eingereichten Volksinitiative zustimmen sollte, würde die Kantonsregierung den Lehrplan 21 wie gefordert dem Kantonsparlament vorlegen. Das sagte am Freitag der bernische Erziehungsdirektor Bernhard Pulver auf Anfrage.
Falls der bernische Grosse Rat der Einführung des Lehrplans 21 zustimmen und gegen diesen Entscheid das Referendum ergriffen würde, käme es zur eigentliche Abstimmung über die Einführung des Lehrplans 21 im Kanton Bern. Das wäre wohl im Jahr 2020, sagte Pulver weiter.
In der Ostschweiz besonders umstritten
Bis dahin sehe er keinen Anlass, von den Vorbereitungen zur Einführung des Lehrplans 21 abzurücken. Der Grosse Rat habe sich wiederholt hinter den Plan gestellt. Auch in anderen Kantonen ist die Einführung des Lehrplans 21 umstritten. Das Baselbieter Stimmvolk lehnte Anfang Juni eine Änderung des Bildungsgesetzes ab, welche - wie das Berner Bürgerkomitee dies möchte - dem Kantonsparlament die Kompetenz über die Einführung des Lehrplans 21 geben wollte.
In Appenzell Innerrhoden schickte die Landsgemeinde im April eine Initiative bachab, welche die Einführung des Lehrplans 21 verhindern wollte. Im Kanton Thurgau soll der Lehrplan 21 ohne Französischunterricht auf der Primarstufe eingeführt werden, was für viele Diskussionen gesorgt hat.